„Der Chef hier drin bin ich!“. Kaum jemand brachte es präziser auf den Punkt als die resolute Hausmeisterin Turecek im „Kaisermühlen Blues“. In den Führungsetagen der Wirtschaft stieß man lange Zeit auf ein ähnliches Verständnis von Autorität – wenn auch nicht immer so pointiert intoniert. Das Bild vom Einzelnen, der lautstark den Ton angibt, verblasst mittlerweile allerdings angesichts einer Realität, in der Führungsqualitäten bei einem beträchtlichen Teil der Belegschaft gefragt sind. Teamleitung, Projektverantwortung – man gerät rasch in die Leadership-Rolle, oft schneller, als einem lieb ist. Die gute Nachricht: Man kann sich darauf professionell vorbereiten.
Eine, die sich auf das Coaching von Führungskräften spezialisiert hat, ist Martina Pfister-Kraxner. Sie führt ein Beratungsunternehmen und ist Lehrende an der FHWien der WKW. Ihr Zugang: „Wenn man die psychischen Voraussetzungen hat, kann man alles lernen – man braucht nur eine starke Überzeugung von den eigenen Fähigkeiten und den inneren Drang, es zu wollen.“ Das gelte auch für Führungskräfte, unter der Voraussetzung, dass man Menschen mag, gerne Entscheidungen trifft und bereit ist, Risiken einzugehen. Pfister-Kraxner hat Psychologie studiert und arbeitete lange in Personalabteilungen, wo es auch darum ging, Führungskräfte zu entwickeln: „Wer gut führt, ist in der Lage, andere mit der eigenen Vision zu inspirieren. Vor allem aber ist man auch gut darin, sich selbst zu führen.“
Nützliche Gedanken
Selbstführung – das ist für Pfister-Kraxner die Krux im Management. Wer nicht fähig sei, sich selbst unter Kontrolle zu haben und seine Emotionen im Zaum zu halten, brauche es gar nicht mit anderen zu versuchen. „Nur wenige Menschen sehen ein, dass sie zuerst eine einzige Person führen müssen, nämlich sich selbst“, sagt Pfister-Kraxner. Dazu gehöre auch, sich mental auf Besprechungen vorzubereiten, indem man sich seine eigene Einstellung bewusst macht: „Wenn ich das Gefühl habe, ich bringe Gedanken mit, die mich stören oder hemmen, sollte ich diese Gedanken überprüfen und mir vor Augen führen, warum sie mich beeinträchtigen. Dann frage ich mich, welche Gedanken nützlich für mein Meeting sind, und konzentriere mich auf die.“
Außerdem betont Pfister-Kraxner, wie wichtig ein wertschätzendes Menschenbild für Führungspersonen ist. In ihren Coachings geht es dementsprechend sehr oft darum, sich auf andere Personen einzulassen – Führung gehe eben auch stark mit Kommunikationsfähigkeit einher. Ihr Tipp: Gespräche nicht nur auf der Verhaltensebene zu führen, indem man fragt: „Warum läuft das nicht, was haben Sie gemacht?“, sondern stattdessen zu fragen, warum es den MitarbeiterInnen wichtig ist, dass Dinge so und nicht anders gemacht werden. „Man bekommt dadurch ganz andere, qualitative Informationen und Zugänge zu den Menschen“, sagt Martina Pfister-Kraxner.
Emotion und Empathie
Sich auf die Menschen einzulassen, ist auch für die Unternehmerin Brigitta Möstl der springende Punkt in der Führungsverantwortung. Allerdings war sie in den Neunzigerjahren noch in ein „komplett anderes“ Wirtschaftsleben sozialisiert worden: „Es gab starre Verhaltensregeln, klare Netzwerk- und Zugehörigkeitsstrukturen. Bis in die Zweitausenderjahre hinein galt es als Schwäche, als Führungskraft Emotion und Empathie zu zeigen“, erinnert sich Möstl, die ihre erste Firma mit 19 Jahren gegründet hat. Heute berät sie Wirtschaftstreibende hinsichtlich des Faktors Mensch, an der FHWien der WKW lehrt sie zu den Themen Führung und strategisches Marketing.
Ihr zufolge hat das Format der jährlichen Mitarbeiterbefragung ausgedient, Führungskräfte sollten stattdessen in regelmäßigen Abständen – idealerweise wöchentlich – nachfragen: „Wie geht es dir? Wie ist dein Stresslevel, deine Motivation, deine Kraftreserve? “, empfiehlt Möstl. Eine offene Kommunikation über das, was gut läuft und was nicht, sei gesund und schaffe für alle Beteiligten ein konstruktives Klima. Für die Führungskräftetrainerin gibt es kein besseres „Warn- und Intelligenzsystem“ als die MitarbeiterInnen. Wichtig dabei sei, dass diese das Gefühl haben, gehört und wahrgenommen zu werden. Dazu brauche es eine wertschätzende Grundhaltung und eine offene Kommunikation, die für Möstl die Grundlage einer menschlich und wirtschaftlich erfolgreichen Führung ausmacht.
Aus Brigitta Möstls Erfahrung mit den Studierenden zeigt sich, dass gerade die jüngeren Generationen eher daran gewöhnt sind, offen zu kommunizieren: „Bei den Älteren spürt man eine gewisse Beklemmung, manche Punkte nicht ansprechen zu wollen, aus Furcht davor, wie man beim Gegenüber ankommen könnte. Die Jüngeren haben da einen großen Bonus. Sie haben die rigorosen Hemmschwellen abgelegt und sorgen sich kaum noch, was andere über sie denken.“
Hinhören und differenzieren
Über die Generationen gleich verteilt ortet Möstl hingegen eine andere Fähigkeit, die für Führungskräfte essenziell ist: ein Gespür dafür, wie man mit den Informationen umgeht, die man aus der offenen Kommunikation mit den MitarbeiterInnen erhält. „Man muss nicht wie mit einem sensiblen Joystick jedes Mal in eine neue Richtung navigieren, wenn man Rückmeldungen aus der Belegschaft erhält, sondern hinhören, differenzieren und erkennen, was angemessen ist. Es muss eine Sensorik vorhanden sein, die zu unterscheiden hilft, ob das Gegenüber etwa wirklich überlastet ist, jemand nur eine schlechte Woche hat oder einfach nur gehört werden möchte“, sagt Möstl. Das sei allerdings eine Fähigkeit, die sich nicht studieren lasse – sondern die man nur durch Erfahrung trainieren könne.
„Man muss keine laute Person sein“
Christine Güttel leitet das Weiterbildungsstudium MSc Leadership und vermittelt Kompetenzen an angehende und erfahrene Führungskräfte. Worauf es dabei ankommt und warum immer noch zu wenige Frauen diese Rolle annehmen, erzählt sie im Interview.
Text: Josef Puschitz
Frau Güttel, mit dem Weiterbildungsstudium MSc Leadership bilden Sie seit 2016 Führungskräfte aus. Wen sprechen Sie mit diesem Angebot an?
Christine Güttel: Der Großteil unserer Studierenden hat gerade erst eine Führungsrolle übernommen oder steht kurz davor. Es kommen aber auch Expertinnen und Experten, die mit einer Projektleitung oder mit Change Management betraut sind. Ein Teil unserer Studierenden sind Selbstständige, die sich persönlich weiterentwickeln wollen. Stolz bin ich besonders darauf, dass die InteressentInnen querbeet aus allen Branchen kommen, das befeuert den Austausch unter den Studierenden. Der Altersdurchschnitt liegt bei 37 Jahren. Ich würde mir noch wünschen, dass wir mehr Frauen ansprechen – allerdings haben wir aktuell die beste Frauenquote seit Bestehen.
Warum übernehmen noch immer weniger Frauen Führungsrollen als Männer?
Güttel: Mein persönlicher Eindruck ist, dass Frauen nach wie vor mehr vom Familienmanagement übernehmen. Vor allem in den letzten beiden krisengeprägten Jahrgängen hat diese Doppelrolle in Familie und Beruf sehr viele Kräfte gebunden und sich sicher auch auf die Möglichkeiten ausgewirkt, Führungsrollen im Arbeitsleben zu übernehmen. Auch steht bei Frauen die Frage, ob sie sich Leadership zutrauen, stärker im Vordergrund, und es mangelt an weiblichen Vorbildern. Trotz allem ist uns im Studium wieder sehr stark aufgefallen, dass gerade Frauen im Wettbewerb um ausgeschriebene Stipendien immer exzellente Bewerbungen abgeliefert haben. Wir arbeiten dementsprechend daran, die Frauenquote in unserem Bildungsangebot weiter zu heben.
Lässt sich Führung überhaupt erlernen?
Güttel: Ja! Bis Anfang der 1950er-Jahre dominierten die sogenannten Eigenschaftstheorien, denen zufolge gute Führung auf der charismatischen Persönlichkeit der Führungskraft basiert. Seitdem geht es um das Thema Kompetenz: Welche Fähigkeiten benötigen Führungskräfte für ihre Tätigkeit und wie können sie diese erlernen? Tools und Techniken kann man lernen. Das Persönliche, die eigene Haltung, kann man durch kritische Auseinandersetzung mit sich selbst entwickeln. Man muss dafür keine laute Person sein, die sich immer und überall durchsetzen kann. Wichtig ist, dass man authentisch ist in der Führungsrolle.
Was bedeutet Authentizität in diesem Kontext?
Güttel: Authentisch führt man dann, wenn man die Einstellungen und Haltungen, die man im Berufsleben pflegt, auch im Privaten vorlebt. Ein Beispiel: Wenn ich als Führungskraft im Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit forciere und meinen MitarbeiterInnen die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln nahelege, aber dann im eigenen Urlaub auf Motorradtour gehe, ist das nicht stimmig. Wir nennen das symbolisches Management – was lebe ich vor, wofür stehe ich? Nur wenn das im Einklang mit dem steht, was von der Belegschaft verlangt wird, wird sie ein Verständnis für die Ziele des Unternehmens entwickeln.
Apropos Ziele: Welche Rolle spielt strategisches Denken in der Führung?
Güttel: Führungskräfte auf allen Ebenen sammeln laufend Informationen, die das Topmanagement für die Strategieentwicklung braucht. Sie kommunizieren die Strategie an ihre MitarbeiterInnen und haben die Umsetzung der Strategie zu verantworten. Wenn Führungskräfte auf allen Ebenen strategisch denken und Initiativen zur Weiterentwicklung ihrer Verantwortungsbereiche setzen, wird das wesentliche Auswirkungen auf den Erfolg des Unternehmens haben. Es geht darum, auf allen Ebenen Veränderungen und Chancen zu erkennen und im eigenen Verantwortungsbereich proaktiv zu agieren.
Kommen wir zurück auf die benötigten Tools und Techniken, die Sie erwähnt haben. Welche sind das?
Güttel: Im MSc Leadership vermitteln wir diese Grundlagen in den ersten beiden Semestern gegliedert in mehrere (Teil-)Module: Im ersten Modul geht es um das Führungsverständnis, Delegation und Theorien zu Motivation und Performance. Ein anderes Modul widmet sich dem Thema Kompetenz und Konfliktmanagement, wo Kommunikation ein ganz wesentlicher Faktor ist. Im Modul „Selbstmanagement und Personal Performance“ kommen Selbstwirksamkeit, Stressresistenz und das Gesprächsverhalten in Meetings zur Sprache. Im Modul „Change Management“ werden kontinuierliche Verbesserung und grundlegender Wandel besprochen, wie auch Emotionen in Veränderungsprozessen. Mit all diesen Fähigkeiten sind die Studierenden bestens vorbereitet auf ihre künftige Führungsrolle.
Mein Chef, der Computer
Können Algorithmen Führungskräfte bei der Arbeit unterstützen oder sogar selbst Entscheidungen treffen? Eindeutig ja. Ob und in welchen Bereichen wir das allerdings wollen, ist eine andere Frage.
Text: Florian Streb
Kameras zeichnen die Bewegungen und Sprache von ArbeitnehmerInnen auf, um automatisch zu erkennen, ob Produktionsroutinen eingehalten werden. Biometrische Daten werden verwendet, um Mitarbeitende auf Drogen und Alkoholkonsum zu testen. Die Sprache in E-Mails oder Chats wird in Echtzeit analysiert, um die Stimmung der AbsenderInnen zu bewerten. Das alles sind Beispiele für den Einsatz von Algorithmen in der Personalführung. Sie zeichnen ein eher dystopisches Bild von Überwachung und Kontrolle und sind bereits Realität.
„Vor allem in den USA und China sind solche Prozesse schon verbreitet“, berichtet Steffi Bärmann, Academic Expert & Lecturer im Studienbereich Human Resources & Organization der FHWien der WKW. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte ist das Thema Führen mit Algorithmen. „In Europa sind durch Arbeitsrecht und Datenschutz engere Grenzen gesetzt“, erklärt sie und verweist auch auf kulturelle Unterschiede: „Im amerikanischen und asiatischen Raum ist man auch mehr Überwachung gewohnt als bei uns.“ Das bedeute nicht, dass man sie dort gutheiße – aber sie stoße auf weniger Widerstand.
3 Beispiele für Führen mit Algorithmen
Uber
Uber nutzt Algorithmen nicht nur, um FahrerInnen Fahrgäste zu vermitteln, sondern auch, um zum Beispiel Verhaltensdaten zum Fahrstil zu sammeln. Das führt zu Empfehlungen und gegebenenfalls bis zum Rausschmiss.
Humanyze
Humanyze, ein MIT-Spin-off, hat ein System entwickelt, das über Echtzeit-Sprachanalyse das Stresslevel von Angestellten misst und das unter anderem die Bank of America bereits nutzt.
AMS
Das AMS kam 2020 mit einem Algorithmus in die Schlagzeilen, der die Jobchancen von Arbeitssuchenden bewertet und damit deren Zugang zu Fördermaßnahmen beeinflusst – auch wenn die finale Entscheidung bei den AMS-BeraterInnen liegt.
Es muss nicht um Überwachung gehen
Dabei sieht Bärmann auch Anwendungen von Algorithmen in der Führung, denen Mitarbeitende weit weniger Skepsis entgegenbringen müssen. „Derzeit geht es sehr oft um Effizienz. Dabei können Algorithmen auch dabei helfen, dass Mitarbeitende ihr Potenzial besser ausschöpfen.“ Als Beispiel nennt sie individuelles Lernen: „Ein Unternehmen kann Daten aus LinkedIn ziehen und analysieren, um festzustellen: Diese und jene Kompetenzen sind in unserer Branche immer gefragter, die wollen wir fördern. Die Mitarbeitenden sehen dann, was für sie zukunftsrelevante Skills sind – die ihnen auch in der weiteren Karriere helfen können.“
Im Recruiting können Algorithmen für mehr Fairness sorgen, wenn sie Aussehen, Geschlecht, Alter und Herkunft ausblenden. „Da haben sie das Potenzial, in Zukunft mehr Gleichberechtigung zu schaffen“, sagt Steffi Bärmann – derzeit würden solche Programme allerdings noch Ergebnisse in schwankender Qualität liefern. Sie geht davon aus, dass auch BewerberInnen den Einsatz akzeptieren: „Ein gestresster Recruiter wirft vielleicht nur einen kurzen Blick auf die Bewerbung, ein Computer kann sie binnen Sekunden ausführlich analysieren.“
Wer hat das Sagen, wer die Verantwortung?
Im Führungskontext entsteht durch Algorithmen ein Dreiecksverhältnis zwischen Geführten, der hierarchisch vorgesetzten Person und der Software. Das verändert die Beziehung und hat besondere Herausforderungen zur Folge, mit denen sich Unternehmen befassen müssen. „Ein Thema ist, ob auftretende Fehler dem Algorithmus zugeordnet werden oder dem Menschen, der ihn nutzt“, erläutert Bärmann. „Bei dieser Frage entsteht leicht Konfusion darüber, bei wem letztlich die Verantwortung liegt.“ Ebenso könne es zu Situationen kommen, in denen Mitarbeitende entscheiden müssen, ob sie der Anweisung eines Algorithmus oder der einer Führungskraft folgen.
Verbrüderung mit dem Algorithmus vermeiden
Setzen Führungskräfte Algorithmen ein, müssen sie sich im Klaren darüber sein, dass sie als Menschen die Verantwortung tragen. „Sie sollten unbedingt die Verbrüderung mit dem Algorithmus vermeiden“, sagt laut Steffi Bärmann auch die Forschung: „Die menschliche Führungskraft hat die Aufgabe, die Rechte der Mitarbeitenden zu schützen, anstatt sie zu beschuldigen.“ Außerdem sei es wichtig, die Führungskräfte technisch so weit auszubilden, dass sie die algorithmische Datenverarbeitung und deren Folgen verstehen und ihren Teams erklären können. Nur dann werden die Geführten die Entscheidungen von Algorithmen akzeptieren und sie als legitim und fair ansehen.
„Ein Algorithmus ist nicht empathisch. Er kann entscheiden, aber er kann diese Entscheidungen nicht erklären, ihnen Sinn geben, sie in verschiedene Kontexte setzen oder Mitgefühl zeigen“, weiß Bärmann. Diese Aufgabe liege weiterhin bei der Führungskraft. Darauf sollten Führungskräfte frühzeitig vorbereitet werden. Denn für Steffi Bärmann ist die Frage nicht, ob Algorithmen im Management Einzug halten, sondern wann: „Ich halte es für wahrscheinlich, dass sich das auch in Europa irgendwann durchsetzt – wenn auch in anderer Form als aktuell in China.“
Inspirieren statt anschaffen
Leadership im Wandel der Zeit: Führungskräfte müssen heute viel mehr können als vor 50 Jahren. Michaela Kreitmayer erklärt, was genau sich verändert hat.
Text: Gerhard Mészáros
Das Hernstein Institut wurde 1966 gegründet, um Führungskräfte weiterzubilden. Erst danach landete der erste Mensch auf dem Mond, kam „Star Wars“ ins Kino und baute Wien die Donauinsel. Auch die Wirtschaftswelt entwickelte sich weiter und mit ihr die Aufgaben der Führungskräfte in Unternehmen. „Eine Führungskraft muss heute über ganz andere Fähigkeiten verfügen als in den 1960er-Jahren“, sagt Michaela Kreitmayer, die seit knapp 30 Jahren für das Hernstein Institut arbeitet und es seit 2016 leitet. „Führung ist heute komplexer und anspruchsvoller. Es gibt in Sachen Leadership mehr zu beachten und daher auch mehr zu lernen.“ Was machte und was macht eine gute Führungskraft aus? Laut Kreitmayer lauteten die Aufgaben früher: anschaffen, entscheiden, kontrollieren, belohnen. Heute hingegen: inspirieren, zuhören, einladen zum Gestalten von etwas Sinnvollem, Rahmenbedingungen für Zielerreichungen schaffen und Grenzen setzen. Das kommt einem Paradigmenwechsel gleich.
Dienende Führungskräfte
Dieser Wechsel geschah nicht plötzlich, sondern in kleinen Schritten. Schon in den 1970er-Jahren zeigte sich, dass starke Hierarchien und zentrale Steuerung an Grenzen stießen. Daraufhin wurden Führungsstrukturen dezentraler gestaltet, Mitarbeitende zur Selbstständigkeit angehalten. In den 1980er- und 1990er-Jahren wurden Hierarchien weiter abgebaut, intrinsische Motivation und Sinnvermittlung traten noch stärker in den Vordergrund. Der coachende Führungsstil entstand, ein Führen auf Augenhöhe. Nach der Jahrtausendwende entwickelte sich das agile Leadership, das stark auf Selbstorganisation setzt und daher besonders flexibel ist. Aktuell spricht man von „Servant Leadership“, also von dienendem – statt beherrschendem – Führen. Das Ziel: jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter dabei zu helfen, ihr bzw. sein Potenzial bestmöglich zu entfalten. Kreitmayer: „Ein gesundes und gutes Arbeitsumfeld wird durch die Schwierigkeit, qualifizierte Kräfte zu finden und zu halten, immer wichtiger. Heute müssen Führungskräfte dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden gerne für das jeweilige Unternehmen arbeiten.“
Die Macht verschiebt sich
Die neuen Ansätze, die im Laufe der Zeit entstanden, haben einen gemeinsamen Nenner: Macht und Entscheidungsbefugnis wandern vom Topmanagement hin zu den Mitarbeitenden. Schuld daran ist, dass die Welt immer komplexer und unberechenbarer wird. „Die eine unersetzbare Führungskraft, die alles weiß und alles kann, gibt es in so einer Welt nicht mehr“, sagt die Leiterin des Hernstein Instituts. „Führung ist weiterhin notwendig, aber sie muss auf mehr Schultern verteilt sein.“ Für den Erfolg eines Unternehmens sei heute entscheidend, wie gut das Zusammenspiel aller handelnden Personen funktioniert. Man müsse nicht unbedingt jeden Trend – etwa agiles Management – mitmachen.
„Aber eine grundsätzlich flachere Hierarchie und das Verteilen von Führung auf mehrere Personen sollte sich schon jedes Unternehmen überlegen, um in einer schnelllebigen Welt handlungsfähig zu bleiben“, rät Kreitmayer. Sie glaubt, dass viele Führungskräfte noch lernen müssen, sich selbst auch mal zurückzunehmen: „Mitarbeitende sehnen sich nach Führungskräften, die als Vorbild agieren und eine Vertrauenskultur schaffen, Sinn vermitteln und Perspektiven definieren, die Lernfähigkeit aller fördern und bereit sind, das eigene Verhalten kritisch zu reflektieren.“
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