Homeoffice unter Palmen. Vom Liegestuhl ins Meeting einwählen. Wenn ich solche Schlagzeilen lese, verdrehe ich meist genervt die Augen. Weiß doch jeder, der es schon einmal probiert hat, dass Strand und Pool maximal für ein Angeberfoto taugen, aber nicht zum Arbeiten. An produktiven Tagen will ich weder Sonnenreflexionen am Bildschirm noch Sand auf der Tastatur haben! Ich habe zwar schon während Wüstenfahrten Flyer getextet und auf philippinischen Fähren Artikel Korrektur gelesen. Aber solche Aktionen bringen für gewöhnlich deutlich mehr Stress als Glamour – und sind deshalb eine absolute Ausnahme. Die Ironie ist nämlich folgende: Wer ein digitales Nomadenleben wählt, tut das meist, um Büroalltag und Routinen zu entkommen. Aber die, die wirklich dranbleiben und unterwegs sind, erkennen irgendwann, dass ein bisschen Routine und Stabilität einfach sein müssen, wenn wir professionell erfolgreich sein wollen.
»Richtig« reisen, also jeweils nur wenige Tage an einem Ort sein, das klappt auf Dauer nicht, wenn man nebenbei auch ein Unternehmen führen möchte. Mein Texter-Alltag sieht darum immer gleich aus; egal, ob ich mich gerade auf Borneo oder in Athen befinde. Ein ruhiger Arbeitsplatz ist Pflicht – entweder im Airbnb oder im Co-Working-Space. Der schönste befand sich in Sydney. Da feilte ich mit direktem Blick auf die Oper an einem Text zur Biodiversität. Kundentermine rücken je nach Zeitzone in die frühen Morgenstunden oder den späten Nachmittag. Dass ich beim Zoom-Gespräch nicht hinter einem österreichischen Schreibtisch sitze, wissen übrigens nicht alle Kunden. Wenn die Frage »Wo sind Sie eigentlich?« dann doch aufkommt, sind die meisten aber angenehm überrascht von meiner Antwort.
Doch warum überhaupt ein Nomadenleben, wenn ich ohnehin meist am Laptop sitze? Es sind die kleinen Zwischendrin-Momente, die mich von einem Ort zum anderen ziehen lassen. Die konstante Mischung aus neu und vertraut, entdecken, finden, Erinnerungen schaffen. Mangos kaufen bei meiner Gemüselady auf dem vietnamesischen Markt. Cappuccinos an der Bucht von Kotor. Eine Nilkreuzfahrt am verlängerten Wochenende und drei Tage später Schnorcheln mit Schildkröten. All diese abenteuerlichen Augenblicke darf ich einfach so in meinen Alltag einbauen – und genau diese Momente sind es auch, an denen jeder Standard-Arbeitstag ganz weit in die Ferne rückt.
Rafaela Khodai
hat den Master-Studiengang Journalismus & Neue Medien an der FHWien der WKW abgeschlossen. Mittlerweile schreibt sie Texte für nachhaltige Unternehmen und bildet zusätzlich angehende (nomadische) TexterInnen aus.
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