Er war 29, ambitioniert, studierte berufsbegleitend, wollte weiterkommen – und erkrankte. Diagnose Lymphknotenkrebs. Heute ist der Grazer Ulrich Zwirchmaier 38 Jahre alt, hat das MSc-Studium Handelsmanagement der FHWien der WKW längst abgeschlossen, die halbe Welt bereist, macht international Karriere und organisiert als Obmann der Steirischen Leukämiehilfe den Steirischen Leukämielauf. Es ist die Erfolgsgeschichte eines Menschen, den völlig unvorbereitet eine schwere Krankheit traf, von der er zunächst nicht wusste, ob sie heilbar ist.
Laufen für die Forschung
Am 23. September 2022 fand in Graz der Steirische Leukämielauf mit rund 500 TeilnehmerInnen wieder statt – das erste Mal seit Pandemiebeginn. „Wir sind sehr happy mit dem Restart“, sagt Zwirchmaier. Der Leukämielauf ist die größte Veranstaltung der Steirischen Leukämiehilfe und soll ein Bewusstsein für die Krankheit schaffen. Er ist zugleich die wichtigste Einnahmequelle des Vereins, der mit den Spendengeldern die Forschung an der Klinischen Abteilung für Hämatologie am Landeskrankenhaus Graz unterstützt. „Aktuell finanzieren wir drei Planstellen für mehrjährige Forschungsprojekte“, betont der Obmann. Zuletzt hat der Verein zudem 20.000 Euro für einen Zellsorter – ein für die Leukämieforschung wichtiges medizintechnisches Gerät – zugeschossen.
Zwirchmaiers Ziele für den Verein sind, das Veranstaltungsangebot auszubauen und die Steirische Leukämiehilfe bekannter zu machen: „Wir stehen ein wenig im Schatten der Österreichischen Krebshilfe. Wir sind nischiger und müssen der Öffentlichkeit zeigen, wer wir sind und was wir tun.“ Zum Vereinsobmann wurde Zwirchmaier, weil seine Vorgängerin seine Vorgeschichte kannte und ihn anheuerte. Zwirchmaier übernahm im Vorjahr das Amt. „Mir ist es ein Anliegen, etwas zurückzugeben, weil es schließlich nicht selbstverständlich ist, dass der Krebs heilbar ist“, wie er betont.
Akquise ist Akquise
Im Berufsleben baut Ulrich Zwirchmaier als Head of Partnerships DACH Area das internationale Vertriebsnetz des französischen IT-Dienstleisters Axxès, Spezialist für Lkw-Mautboxen, weiter aus. Das Unternehmen ist in Frankreich und auf der Iberischen Halbinsel Marktführer. Vertriebsprofi bei Tag und soziales Engagement nach Dienstschluss – das passt für Zwirchmaier gut zusammen: „In beiden Fällen geht es ums Netzwerken, darum, die richtigen Leute anzusprechen. Am Ende des Tages ist Spendenakquise auch Akquise. Da gibt es durchaus Parallelen.“
Plötzlich krank
Zurück in die Jahre 2014/15: Zwirchmaier studiert neben dem Job an der FHWien der WKW – allerdings nicht in Wien, sondern in Graz, im Rahmen einer Kooperation mit dem WIFI Steiermark. Er absolviert also ein ziemlich dichtes Programm, als er sich eingestehen muss, dass mit ihm etwas nicht stimmt: „Mit 29 schiebt man das auf den Arbeitsstress, wenn es einem auf einmal nicht mehr so gut geht.“ Es folgten eine gewaltige Gewichtsabnahme und ein rasantes Wachstum des Lymphoms. „Ich habe kaum mehr Luft bekommen, und dann ging es schnell“, erinnert er sich.
Während der Chemotherapie arbeitete Zwirchmaier weiter. „Ich habe zunächst auch versucht, weiter zu studieren, habe aber gemerkt, dass mir das zu viel wird, und bin dann ein Jahr später wieder an die FH zurückgekehrt“, sagt er. Viele neue Gesichter, doch er fand rasch zurück ins Studium, stemmte Masterarbeit und Diplomprüfung und hatte ein Jahr später seinen Abschluss. „Darauf bin ich schon sehr stolz“, erklärt er.
Angst und Achtsamkeit
Trotz Heilung sei so eine Krankheit nie ganz abgeschlossen. Was bleibt, ist das Trauma: „Man verdrängt es, doch der Hintergedanke, dass irgendwas nicht passen könnte, ist immer da. Man ist ein gebranntes Kind“, sagt Zwirchmaier. Stärker auf Herz und Bauch zu hören, zählt zu den Dingen, die ihn die Krebserkrankung gelehrt hat. „Was bringt es, Träume ewig aufzuschieben. Ich habe jedenfalls die Länder gesehen, die ich immer schon sehen wollte“, sagt er. Reisen ist seine große Leidenschaft.
Im Berufsleben weiß der Vertriebsprofi heute, wie man professionell arbeitet, ohne auszubrennen: „Ich arbeite sehr gerne und auch viel, doch wenn ich merke, dass es zu viel wird, nehme ich mir ein, zwei Tage frei. Ich lasse mich nicht verbrennen.“
Humor behalten und Ziele setzen
In seinem Privatleben umgibt er sich mit Menschen, die ihm guttun. Das sind seine Verlobte, Familie und Freunde. Vor allem die engsten Freunde hatten in der Zeit der Krebstherapie eine Schlüsselrolle inne. „Das waren immerhin acht Monate meines Lebens, und ihre Schmähs haben mir geholfen, das durchzustehen“, sagt Zwirchmaier. So waren Floskeln à la „ich wünsche dir viel Kraft, du wirst das schon schaffen“, die Krebskranke immer und immer wieder zu hören bekommen, der Stoff für viele Insiderwitze. „Ich finde es wichtig, dass man sich seinen Humor erhält“, findet er.
Genauso wichtig wie Ablenkung war für ihn während der Therapie, Ziele zu haben. „Man braucht Ankerpunkte in der Zukunft“, weiß er aus Erfahrung. Einer dieser Punkte war die Rückkehr an die FH nach einer Reise nach Mallorca.
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