Fachhochschulen werden nach wie vor von vielen als reine Ausbildungsstätten wahrgenommen. Dabei stehen auch sie für das jahrhundertalte Ideal der Einheit von Forschung und Lehre – und inzwischen bekommt die Forschung deutlich mehr Raum als in der Anfangszeit der Fachhochschulen in Österreich. Von dieser Ausrichtung profitieren die Studierenden ebenso wie die Lehrenden, ist Walter Mayrhofer, Head of Research der FHWien der WKW, überzeugt. „Die Anstöße für neue Ideen kommen meistens von außen“, sagt er. Das können Inputs von Studierenden für die Forschung sein, aber auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die in die Lehre einfließen. Der Austausch mit der internationalen Forschungscommunity – etwa bei Konferenzen – bringe wesentliche Impulse für die Forschungsarbeit und für die Lehre: „Man bleibt am Ball und vermeidet, die Lehrveranstaltung gleich wie im Jahr davor zu gestalten.“
Repräsentieren und profitieren
Die WissenschaftlerInnen der FHWien der WKW sind daher in aller Welt unterwegs. Ein paar aktuelle Beispiele: Daniela Ortiz, Academic Head des Institute for Business Ethics and Sustainable Strategy (IBES) der FH, reiste im Sommer nach Seattle, um dort neueste Forschungsergebnisse zu präsentieren und mit internationalem Fachpublikum drängende Fragen der Unternehmensethik zu diskutieren. Die Senior Researcher Ilona Pezenka und David Bourdin präsentierten die Ergebnisse einer Studie über Empathie in Verkaufsgesprächen auf der European Marketing Academy EMAC in Budapest. Und Gisela Reiter, Teaching & Research Associate im Studienbereich Journalism & Media Management, referierte über ihre Forschungserkenntnisse zu den Auswirkungen von gefälschten Umfragen und zu politischer Korruption beim internationalen Protagoras Symposium 2022 in Brüssel.
AOM & SBE 2022
Daniela Ortiz (3. v. l.) und ihr Team präsentierten ihre Forschungsergebnisse bei der AOM 2022 und SBE 2022 in Seattle.
Think Global Festival
Kirstie Riedl nahm am Think Global Festival der Hogeschool van Amsterdam teil.
55. IATEFLKonferenz
Simon Lehrner (l.) und Matthew Urmston vom Competence Center for Business English hielten einen Vortrag im Rahmen der 55. IATEFLKonferenz in Belfast (Nordirland).
EMAC 2022
Ilona Pezenka und David Bourdin präsentierten die Ergebnisse einer WebAnalyticsLabStudie auf der EMAC 2022 in Budapest.
Protagoras Symposium
Gisela Reiter referierte beim internationalen Protagoras Symposium 2022 in Brüssel.
Forschung als runde Sache
Auch in Walter Mayrhofers unmittelbarem Wirkungsbereich gibt es mit dem Projekt „ENHANCE“ ein Beispiel, bei dem Forschung und Lehre „wunderschön und prototypisch positiv Hand in Hand gegangen sind“. Mayrhofer hat es gemeinsam mit KollegInnen von der TU Wien aufbauend auf Ergebnissen von Partnern aus Italien und Estland aufgesetzt. Das Projekt war Teil des groß angelegten EU-Vorzeigeprogramms EIT Manufacturing, das Europas Produktion wettbewerbsfähig und nachhaltig gestalten will. Einige der Ergebnisse von „ENHANCE“ wurden dieses Jahr von Gerald Schneikart, Senior Researcher und Projektleiter am Institute for Digital Transformation and Strategy der FHWien der WKW, bei der TAKE Conference in Porto präsentiert. Basierend auf einer von EIT Manufacturing entwickelten Lernplattform wurden Kurse für die Programmierung von Robotern dazu verwendet, einen Lernperformance-Index zu entwickeln. Dieser wurde dann auch in einer Lehrveranstaltung von Studierenden getestet.
„Dinge, die wir prototypisch erforscht hatten, haben wir anschließend in der Lehre eingesetzt. Die Studierenden fanden es richtig schön zu sehen, wohin sich technologieunterstütztes Lernen entwickeln wird“, berichtet Mayrhofer über das kurzfristige Projekt: „Mittendrin dachte ich, vielleicht haben wir uns ein bisschen viel vorgenommen. Aber der Kreis hat sich geschlossen.“ Das Feedback der Studierenden fließe jetzt in die nächste Projektphase ein. Der Zusammenhang von Forschung und Lehre hat aber auch noch eine andere, formale Dimension, sagt Mayrhofer. „Man muss auf internationaler Ebene präsentieren, um EU-Fundings für die Weiterentwicklung eines Projekts zu bekommen.“ Das sei auch richtig so. „Unsere Forschung ist teuer und hat nur Sinn, wenn sie in einem größeren Kontext gemacht wird.“
Corona als Gamechanger
Und wie fühlen sich Forschungsreisen seit Corona an? Mayrhofer ist überzeugt, dass hybride Veranstaltungen weiter dominieren werden. „Wie oft bin ich unnötig um 4 Uhr in der Früh für ein zweistündiges Meeting nach Deutschland oder Italien geflogen und kurz vor Mitternacht wieder heimgekommen? Solche Besprechungen werden sich stark ins Digitale verlagern.“ Andererseits bleiben physische Treffen in der Forschung weiterhin wichtig. „Aber wenn man sich trifft, sollte man sich ganz bewusst treffen, genügend Zeit für den sozialen Aspekt einplanen und auf Interaktion statt Frontalvortrag setzen – zum Beispiel, indem die Teilnehmenden mit einem Forschungsmindset gemeinsam an einem Problem arbeiten.“ Den Rest, sagt Walter Mayrhofer, könne man alleine online aus der „Lernkonserve“ konsumieren und die Zeit, die man physisch miteinander verbringt, für Interaktion und Coaching viel effizienter verwenden.
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