Zum Hauptinhalt springen
studio! Ausgabe 1/2018

Cover Story: Wenn der Schmäh rennt

Lachen steigert die Produktivität und die Motivation. Es hilft, Probleme zu lösen, und macht uns sympathischer. Ein Plädoyer für mehr Leichtigkeit und Humor im beruflichen Alltag.

von Emily Walton

Eine nervige Kollegin, eine knifflige Aufgabe, ein abwesender Chef oder einfach nur ein Montag, an dem man keine Lust hat, zur Arbeit zu gehen. Verärgert vor sich hinzumurmeln ist ein Weg, um mit einer schwierigen beruflichen Situation umzugehen – und leider auch ein häufig praktizierter. Dabei übersehen wir im Berufsalltag gern, dass es einen viel besseren Ansatz gibt, um konkreten Problemen oder allgemeiner Unlust zu begegnen: mit Humor.

Das bedeutet freilich nicht, dass man jeden Morgen das Witzebuch aus der Tasche ziehen sollte, um mit Bonmots über Blondinen und BurgenländerInnen mehr Freude am Alltag zu finden oder die KollegInnen mit aufgesetzten Schenkelklopfern zu erheitern. Humor im (Berufs-)Alltag ist nuanciert und facettenreich – er ist eine Frage der richtigen Dosis.

Und er ist eine Lebenseinstellung: »Jeder und jede kann für sich entscheiden, mit welcher Haltung er oder sie in die nächste Besprechung geht. Höre ich auf meine kritische innere Stimme? Oder gebe ich mir die Erlaubnis, auf meine Humorstimme zu hören und eine gewisse Lockerheit an den Tag zu legen?«, erklärt Michael Trybek, Keynote Speaker zum Thema Humor und vormaliger CliniClown (www.michaeltrybek.com). Humor und Leichtigkeit bedingen einander. »Humor ist Teil unserer Persönlichkeit. Es ist geradezu notwendig, diese Seite an uns auch im Job zuzulassen, denn wir verbringen viel Zeit am Arbeitsplatz. Spaltet man sich im Beruf zu sehr von seiner Persönlichkeit ab, fehlt etwas. Daher trägt eine authentisch-humorvolle Haltung – auch im Berufsalltag – zum Wohlbefinden bei«, ist Trybek überzeugt.

Studien belegen, dass lustige Menschen im Job gut ankommen – bei KollegInnen ebenso wie bei Vorgesetzten. Wer über sich selbst und über vertrackte Situationen lachen kann, verändert seine Perspektive. »Durch Humor gelingt es uns, ein Stück aus uns herauszutreten und so neue Lösungen zu finden«, weiß Susanne Pöchacker, Kabarettistin, Trainerin, Moderatorin und Coach. Humor beugt Stress und Frustration vor, gute Laune steigert Leistung und Motivation.

(c) Christoph Liebentritt

Auf die Schaufel nehmen

Hinzu kommt, dass eine gute Portion Witz zwischenmenschliche Beziehungen fördert und die Zusammengehörigkeit verstärkt. Wenn in einem Team der Schmäh rennt, ist das ein Zeichen, dass sich die MitarbeiterInnen wohlfühlen: »Voraussetzung für verbindendes Lachen ist, sich der Wertschätzung der Gruppe sicher zu sein. Erst wenn man weiß, dass man gegenseitig angenommen wird, ist Raum für Humor gegeben. Dann kann man sich auch ein bisschen auf die Schaufel nehmen«, sagt Pöchacker.

Wichtig ist, dass miteinander und nicht übereinander oder über Dritte gelacht wird. Humorcoach Trybek spricht hier von »Humorkompetenz«. Wer diese besitzt, kann Humor konstruktiv und empathisch einsetzen. Der klassische Witz – etwa: Ein Deutscher, ein Österreicher und ein Japaner sitzen in einer Bar – läuft hier in die falsche Richtung. Denn, so Kabarettistin Pöchacker: »Witze funktionieren meist durch Ausschluss und sind Erheiterung auf Kosten anderer.«

Führungskräfte setzen auch in Sachen Humor Standards für die Belegschaft. Sie entscheiden, ob am Besprechungstisch laut gelacht werden darf und gestalten die Atmosphäre im Büro maßgeblich mit. Eine Führungskraft kann bitterernst in einer Besprechung erscheinen. Sie kann aber auch Gelassenheit zeigen und das Gespräch mit einem kleinen Scherz eröffnen. Allerdings müssen ChefInnen nicht jeden Tag Schmäh führen, um die MitarbeiterInnen zu motivieren. »Wie in allen anderen Bereichen gibt es auch in Sachen Humor eine gewisse Eigenverantwortung«, meint Susanne Pöchacker.

(c) Lisa Maria Trauer, Privat

Humor als Werkzeug

Humor kann ein wichtiges Werkzeug für den Umgang mit Fehlern sein. »Wer alle Fünfe mal gerade sein lassen kann oder eine humorvolle Bemerkung über sich selbst macht, zeigt den Kollegen, dass es in Ordnung ist, Fehler zu machen«, findet Pöchacker. Witz und Schmäh bieten sich auch für indirektes Feedback an. »Mit wohlwollendem Humor können wir unserem Gegenüber auch Dinge sagen, die wir normalerweise nicht aussprechen würden«, sagt Jenny Simanowitz, Performerin, Autorin und Kommunikationstrainerin sowie Gründerin des Communication Cabaret.

Vorsicht sei allerdings geboten, wenn sich im Vorfeld eine gewisse Aggression aufgebaut hat: »Man darf nicht glauben, dass Aggression vom Gegenüber nicht wahrgenommen wird, nur weil man vortäuscht, lustig zu sein.« Ebenfalls zu unterscheiden seien Ironie und Sarkasmus. Während das eine unterhaltsam sein kann, ist das andere schlichtweg verletzend. »Wenn es wirklich Ernstes zu besprechen gibt, sollte vom Humor abgelassen werden. In einer falschen Situation kommt Humor schräg rüber«, rät Simanowitz.

Überraschende KollegInnen

KollegInnen sind in ihrem Humor ebenso unterschiedlich wie in ihrer Persönlichkeit und ihrem Auftreten. »Jeder Mensch hat auf seine Art Humor. Selbst wenn jemand sehr introvertiert wirkt, kann er mit einer ironischen, trockenen Bemerkung plötzlich auf sich aufmerksam machen «, beobachtet Humorcoach Michael Trybek. Nicht immer wird unser Gegenüber dasselbe lustig finden wie wir. Dann kann eine unangenehme Stille in der Kaffeeküche entstehen. Eine allgemeingültige Regel für den Umgang mit solchen Situationen gibt es nicht. »Meist hilft es, das Missverständnis offen anzusprechen und darauf hinzuweisen, dass man nichts Böses wollte«, sagt Jenny Simanowitz. Sie tritt mit ihrem Communication Cabaret in unterschiedlichen Ländern der Welt auf – von Südafrika bis Deutschland – und meint: »Trotz kultureller und individueller Unterschiede gibt es eine Art Universalhumor. Gewisse Emotionen, etwa Ängste oder Stolz, kann jeder nachempfinden.«

(c) Lisa Maria Trauer, Privat

No more smile(y)? Schreib-Knigge für E-Mails im Beruf

Smileys stehen für ein Augenzwinkern – für Witz, Ironie und positive Emotionen. Doch lockern Smileys ein berufliches E-Mail tatsächlich auf? Während ein Lächeln im persönlichen Gespräch Wärme und Kompetenz ausstrahlt, hat ein Smiley in beruflichen E-Mails nicht immer den gewünschten Effekt. Unter Umständen lässt es die AbsenderInnen sogar weniger kompetent wirken. Das besagt eine Studie. Das Schreibzentrum der FHWien der WKW hat »Dos and Don’ts« zu beruflichen E-Mails gesammelt.

Do's

  • Form eines Briefes einhalten: aussagekräftiger Betreff, Anrede, kurze Sätze mit Kernaussagen, freundlicher Gruß, Kontaktdaten in der Signatur
  • Klare Struktur: Worum geht es? Besteht Handlungsbedarf oder dient das E-Mail nur der Information? Wie dringend ist es?
  • Aussagen oder Fragen, die konkret sind und zu einer Handlung motivieren
  • Nur ein Sachverhalt pro E-Mail
  • Für Details den Anhang nutzen
  • Den Erhalt von E-Mails kurz bestätigen, falls man nicht gleich eine ausführliche Antwort schickt
  • Leerzeilen ausgiebig verwenden, um optisch aufzulockern
  • E-Mails vor dem Senden noch einmal lesen – als Zeichen von Sorgfalt und aus Respekt vor den LeserInnen
  • Gefühle durch höfliche Worte ausdrücken und nicht durch Smileys

Don'ts

  • Viel Text
  • Mehrere Informationen in ein E-Mail packen
  • Lange Absätze, die beim Lesen viel Zeit kosten
  • Missverständliche Erklärungen, bei denen offenbleibt: Was soll erledigt werden?
  • Informelles: Emoticons, Missachtung der Groß- und Kleinschreibung, Rechtschreib- und Tippfehler
  • E-Mails schreiben und sofort abschicken – ohne sie nochmals durchzulesen

Mehr Tipps zum Schreiben in Wissenschaft und Beruf erhalten Studierende der FHWien der WKW in den Workshops und Veranstaltungen des Schreibzentrums.

Lachen als Ventil

Vor Publikum an einem bestimmten Tag lustig zu sein, gehört für Menschen wie Jenny Simanowitz, Susanne Pöchacker und Michael Trybek zum Job. »Wenn mein inneres Stimmungsbarometer ein Tief anzeigt, stärke ich mich mit einem Zitat von Viktor Frankl: ›Man muss sich von sich selbst nicht alles gefallen lassen‹«, so Trybek. Er hat während seiner Zeit als CliniClown gelernt, dass Humor in dramatischen Situationen ein gutes Ventil sein kann.

Anders gestaltet sich die Arbeit, wenn man tagtäglich auf Papier lustig sein muss: »Es ist zum Glück nicht erheblich, ob ich selber gut aufgelegt bin«, verrät Kurier-Karikaturist Michael Pammesberger im studio!-Gespräch. »Die Karikatur muss witzig sein, nicht der Karikaturist. Bäckt der Bäcker bessere Semmeln, wenn er hungrig ist? Allerdings hilft es der Zeichnung natürlich nicht, wenn man Zahnweh hat, der Hund gestorben oder die Frau davongelaufen ist.«

Vieles an seiner Arbeit sei Handwerk, das man üben und perfektionieren könne, verrät Karikaturist Pammesberger: »Gottlob bin ich von Blockaden nicht angekränkelt. Ich muss mir meine Karikaturen nicht unter Schmerzen abringen, es fällt mir leicht, in Bildern zu denken. Meistens könnte ich fünf, sechs Zeichnungen am Tag machen. Ich versuche, die Trefferquote in Sachen Humor dabei möglichst hoch zu halten. Aber natürlich gelingt das nicht jeden Tag. Dann kann die Zeichnung aber immerhin illustrativ und treffend sein.« Als Inspirationsquellen dienen Pammesberger TV-Sendungen zu politischen Themen und »viele, viele Fernsehbilder«.

(c) Illustration KURIER / Michael Pammesberger

Die Ironie des Erlebten

Was aber tun, wenn man in einem beruflichen Umfeld arbeitet, in dem Humor nicht geduldet wird? »Es ist auf jeden Fall wichtig, sich die eigene Humorfähigkeit zu bewahren. Man kann immer etwas finden, das einen selbst zum Schmunzeln bringt und die Ironie dessen wahrnehmen, was man gerade erlebt«, empfiehlt Trybek. Hat man niemanden am Arbeitsplatz, mit dem man humorvoll über berufliche Themen reden kann, dann helfe es, dies am Abend im privaten Umfeld nachzuholen.

Denn unabhängig davon, wie erheiternd oder ernst es im Job zugeht: Lachen nach Dienstschluss hilft, um sich vom Arbeitstag zu erholen und die eigenen Batterien wieder aufzuladen. »Lustige, leichte Aktivitäten sind befreiend und entspannend. Sie geben uns Energie für neue Herausforderungen «, sagt Kabarettistin Susanne Pöchacker und nennt als Beispiele ein Abendessen mit FreundInnen oder das Anschauen der eigenen Lieblingskomödie im Fernsehen. Mit Lach-Yoga oder Ähnlichem kann sie persönlich allerdings wenig anfangen: »Wenn ich den Eindruck bekomme, man zwingt mich zu etwas, wird es für mich schwierig.« Denn letztlich entscheiden wir alle selbst, wann und worüber wir lachen – im Job wie im Privatleben.

(c) Lisa Maria Trauer, Privat