Sie heißen mit Vornamen Sohyi und nicht, wie viele glauben, Kim. Haben Sie die einprägsamere Variante gewählt, um eine Marke aufzubauen?
Kim: Kim ist mein Familienname, aber in Österreich haben meine Freunde von Anfang an gesagt: Gehen wir zu Kim. Meine Freundin Elke, die im Bereich Kommunikation und Marketing arbeitet, hatte die Idee, das Restaurant »Kim kocht« zu nennen – von mir kam der Vorschlag, für das Logo einige Buchstaben mit Stäbchen zu schreiben.
Wie wichtig ist die Marke für den Erfolg?
Kim: Wenn du ein Produkt hast oder eine Dienstleistung anbietest, nutze den gesunden Menschenverstand und frage dich: Wer ist die Zielgruppe? Wer bietet Ähnliches an? Was kann ich besser machen? Du musst etwas Einmaliges, Einzigartiges schaffen, damit die Leute sagen: Wow, das ist es! Eine Marke ohne passende Philosophie des Unternehmens wird nicht funktionieren.
Sie sind mit 19 aus Südkorea nach Wien übersiedelt. Wonach haben Sie hier gesucht?
Kim: Begonnen hat meine Sehnsucht nach Europa, als ich sieben Jahre alt war und Hans Christian Andersen gelesen habe. Die Prinzessinnen mit ihren schönen Kleidern haben mich sehr beeindruckt. Als Jugendliche hat mich der Film »Frühstück bei Tiffany« fasziniert: Audrey Hepburn mit den langen Zigarillos, die auf Partys scheinbar das Leben genießt. Dass Frauen rauchen, war in Korea verpönt. Ja, ich wollte eine andere Welt mit mehr Freiheiten kennenlernen.
Haben Sie in Österreich diese Freiheiten gefunden?
Kim: Naja, ich habe zumindest das Rauchen ausprobiert, als ich Mode gemacht habe (lacht). Aber Rauchen war nicht mein Ding und ich habe gelernt: Ich muss nicht etwas nachmachen, was ich nicht mag. Anfangs war ich ansonsten sehr beschäftigt, besuchte Deutschkurse, das war sehr wichtig. Es ist vollkommen egal, was du machst – wenn du dich sprachlich nicht ausdrücken kannst, kannst du deine Meinung nicht sagen, wirst mehr oder weniger als »dumm« behandelt und bist eigentlich selber schuld daran.
Sie haben zuerst eine Modeschule absolviert, hatten fünf Jahre lang ein eigenes Label, sind dann Köchin geworden. Warum?
Kim: Wenn ich heute Speisen und Farben am Teller zusammenstelle, spüre ich noch immer die Lust an Mode und Gestaltung. Aber man muss seine Grenzen kennen. Nach fünf Jahren sah ich meine Zukunft nicht mehr in der Modewelt. Ich gehe gerne essen, und damals gab es kaum asiatische Restaurants, wo alles passt – Essen, Service, Musik. Also habe ich selbst eines aufgemacht. Meine Mama hat mich bestärkt und gesagt: Wenn du ein kleines Restaurant hast, ist das viel Arbeit, aber du hast immer Reis zu essen. Ich wollte zwar nicht zugeben, dass sie recht hat (lacht) – aber ein Restaurant habe ich trotzdem aufgemacht.
Was ist die härtere Branche: Mode oder Gastronomie?
Kim: Es kommt in jeder Branche darauf an, wie hoch du dir die Latte legst. Ob du mit einer kleinen Boutique, einem durchschnittlichen Restaurant zufrieden bist, oder wie Coco Chanel oder Ferran Adrià (einer der einflussreichsten Köche der Gegenwart, Anm.) werden willst. Man muss wissen, was man erreichen will und kann. Und es hängt immer davon ab: Wo liegt dein Herz? Ich esse nicht gerne Innereien. Aber ein Beuschel und ein erfolgreicher Betrieb haben eine Gemeinsamkeit, hat mir ein erfahrener Kollege gesagt: Bei beidem muss Herz dabei sein.
Eine Prise Öffentlichkeitsarbeit, zum Beispiel mit Kochsendungen, ist wohl auch wichtig?
Kim: Die Auftritte in Kochsendungen habe ich einfach gemacht, weil mir das gefallen hat. Ich mache die Dinge, die mich neugierig machen und mir gefallen – auch in Korea hatte ich eine Sendung. Aber als die vielen Dreharbeiten stressig geworden sind, habe ich das extrem reduziert. Es wurde auch langweilig für mich. Ich bin in Konzepte und Projekte verliebt, mache einmal dies, dann das – wie es mir gefällt.
2016 kommt das nächste Projekt. Was können Sie dazu sagen?
Kim: 2016? Was kommt da?
Ihr neues Restaurant im 9. Bezirk kommt im Frühjahr 2016.
Kim: Da habe ich noch mehr als sechs Monate Zeit! Hallo?! Ich weiß nicht, was morgen passiert. Woher wollen Sie das wissen?
Es steht auf Ihrer Website …
Kim: Ja, wir haben es vor. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich es mache. Vielleicht gehe ich nach New York und eröffne dort ein Lokal. Oder ein Blumengeschäft in Barcelona. Ich weiß es nicht. Es ist ja nicht so schwierig, vieles ist möglich.
Welcher Typ Boss sind Sie?
Kim: Ein Freund hat mir seinen Sohn aus Korea geschickt. Intelligenter junger Bursche, der aber nicht wusste, was er mit seinem Leben machen soll. Er hat bei mir im Service gearbeitet und danach gemeint: In Korea dauert das Militär zweieinhalb Jahre und ist hart. Die drei Monate bei Kim waren härter. Aber es hat ihm Spaß gemacht, jetzt ist er mit seiner eigenen Wein-Bar erfolgreich.
Sie wirken sehr ausgeglichen. Was tun Sie, wenn Sie sich ärgern?
Kim: Natürlich gibt es manchmal Ärger. Vielleicht einmal im Jahr. Aber dann richtig.
Was muss man tun, damit Sie laut werden?
Kim: Mich als falschen Menschen hinstellen. Mir Dinge unterstellen, die ich nicht gemacht habe. Wenn das jemand grundlos tut, wird es laut. Meine Mama hat mich gelehrt: Geld kann kommen und gehen. Dein Stolz muss dir immer bleiben. Wenn einer auf deinen Stolz drauftritt, werden alle das Gleiche machen. Kämpfe um deinen Stolz.
Was tun Sie, um nach der Arbeit runterzukommen?
Kim: Ganz laut Musik hören. Ich mag alles von Klassik bis Trance. Manchmal gehe ich mit meinen Jungs aus, ich bin sozusagen der älteste Bodyguard. Wenn es Streit gibt, schlichte ich. Die Jungs sagen, ich bin die Stimmungsmacherin, ohne mich ist es fad.
Welche Jungs? Ihr Adoptivsohn Hanju und seine Freunde?
Kim: Nein – meine Mitarbeiter. Die meisten sind Mitte 20. Ich mag junge Leute, sie erfrischen mich. Das Unerfahrene, Unreife, das Lachen, diese Frische gibt mir Kraft. Und sie geben mir das Gefühl, dass ich ihnen etwas zeigen kann.
Was ist das Besondere an den Speisen, die Kim kocht?
Kim: Die Ehrlichkeit und die Liebe, als würde ich für Freunde kochen. Und gleichzeitig auch Ideen für die Zukunft, die 5-Elemente-Küche. Das ist kein Trend, kein Chichi, keine Mode. Das ist das, was du brauchst. Was man isst, bewirkt etwas im Körper. Meine Küche soll helfen, sich wohlzufühlen.
Bei »Wir sind Kaiser« haben Sie Robert Palfrader belebende Getränke kredenzt. Was empfehlen Sie Studierenden für lange Lern-Sessions?
Kim: Leichte Speisen. Bei schwerem Essen zieht der Magen deine ganze Energie an sich. Mein Tipp: Gemahlenes Getreide und getrocknete gemahlene Bohnen mit Wasser vermischen und trinken. Dann hat der Magen eine Beschäftigung, gibt dir kein Hungergefühl, raubt dir keine Energie. Reis und frisches gekochtes Gemüse passen auch.
Was ist Ihr Erfolgsrezept für junge Leute am Beginn ihrer Karriere?
Kim: Bildung ist extrem wichtig. Und überlege genau: Welche Möglichkeiten könnte es geben? Frage dich, was du wirklich willst – und dann mach das. Nicht aus Zwang oder weil es deine Eltern wollen. Wenn du nur machst, was die anderen machen oder verlangen, heißt das: Ich bin unsicher. Du musst wirklich an deinen Weg glauben, damit auch deine Weggefährten – Mitarbeiter, Geldgeber – daran glauben. Dann findest du immer eine Lösung. Das ist das ganze Geheimnis.
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