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studio! Ausgabe 2/2016

Im Interview: Nina Burger – „Klischees ignoriere ich einfach“

Nina Burger ist Österreichs erfolgreichste Fußballspielerin. Mit studio! sprach sie über den Stellenwert von Teamplay, vermeintliche Unterschiede zwischen Frauen- und Männerteams und ihren Plan B für das Leben nach dem Fußball.

von Andrea Heigl

Frau Burger, Sie sind Rekord-Nationalspielerin, Rekord-Torschützerin, bei einem Erstligisten in Deutschland unter Vertrag – als Mann wären Sie ein Nationalheld. Wurmt es Sie, dass Fußballspielerinnen nicht dasselbe Standing haben wie die männlichen Kollegen?

Burger: Ich bin Fußballerin, weil es mir Spaß macht, und nicht wegen dem Ruhm oder der Bezahlung. Im Frauenfußball ist viel weniger Geld im Spiel als bei den Männern, das ist schade, denn wir betreiben auch Leistungssport mit einem sehr hohen Zeitaufwand. Ich kann derzeit vom Fußball leben, aber nach der Karriere hat man als Frau längst nicht ausgesorgt.

Wie lange kann man denn Profi-Fußballerin sein?

Burger: Das ist natürlich unterschiedlich und hängt von der persönlichen und gesundheitlichen Situation ab. Es gibt zum Beispiel Spielerinnen, die mit über 35 Jahren in einem Profi- oder Nationalteam aktiv sind. Manche entscheiden sich aber auch früh dafür, eine Familie zu gründen. Da können sich Männer sicher besser auf die Karriere konzentrieren.

Spüren Sie in Sachen Aufmerksamkeit und Standing des Frauenfußballs Bewegung in Österreich?

Burger: Ja, schon. Die Erfolge werden mehr, dadurch wird Frauenfußball präsenter. Der größte Erfolg wäre die Qualifikation für die Europameisterschaft 2017 (Anm.: Entscheidung nach Redaktionsschluss). Medial tut sich mehr als früher, man liest oder sieht öfter etwas über uns. Aber natürlich ist da noch viel Luft nach oben.

Sie waren auch als Profi in den USA, derzeit sind Sie in Deutschland beim SC Sand in Baden-Württemberg unter Vertrag. Ist der Stellenwert des Sports dort ein anderer?

Burger: In den USA hat Frauenfußball einen sehr hohen Stellenwert. Als ich bei Houston Dash gespielt habe, waren bei einem normalen Meisterschaftsspiel 5.000 Zuschauer. In Portland haben wir einmal vor 20.000 Menschen gespielt. Man sieht und liest jeden Tag in den Medien etwas über Frauenfußball in den USA. Auch in Deutschland hat Frauenfußball einen hohen Stellenwert, vor allem dank der großen Erfolge der Nationalmannschaft in den vergangenen Jahren. Mit den Erfolgen kommt auch die Aufmerksamkeit.

(c) Christian Hofer

In Österreich haben Sie mit dem SV Neulengbach mehrere Meisterschaften geholt. Was hat Sie nach so vielen erfolgreichen Jahren in Österreich bewogen, ins Ausland zu gehen?

Burger: Mein oberstes Ziel ist die Qualifikation für die Europameisterschaft 2017. Also wollte ich etwas für mich selber und meine Leistung tun, was auch dem Nationalteam hilft. Mein Arbeitgeber, die Wiener Polizei, hat mich freigestellt und mir damit ermöglicht, ins Ausland zu gehen und mich ganz auf den Fußball zu konzentrieren.

Die Polizei ist also Ihr Plan B?

Burger: Ich bin bereits seit einigen Jahren bei der Polizei angestellt und bin sehr dankbar, dass mir durch die Freistellung meine sportliche Weiterentwicklung ermöglicht wird. Ich mache sozusagen lediglich eine Pause vom Polizeiberuf, habe die Sicherheit, dass ich jederzeit zurückkann. Einen Plan B als Spielerin zu haben, ist wichtig. Man kann als Profi nicht viel wegsparen für die Zukunft, wie es die Männer können.

Sie haben mit sieben Jahren begonnen, in einem Verein Fußball zu spielen. Warum haben Sie sich diese Männerdomäne ausgesucht?

Burger: Ich bin einfach gemeinsam mit meinem Zwillingsbruder Manuel in den Verein gegangen. Als Kind denkt man nicht darüber nach, ob das vielleicht eine Männerdomäne ist, da will man einfach Spaß haben, und bei uns war das halt damals der Fußball. Damals war ich das einzige Mädchen in der Umgebung, das Fußball gespielt hat. Das hat sich sehr, sehr stark verändert, in jeder Nachwuchsmannschaft sind heute Mädchen.

Haben Sie Ihren Bruder später karriere-mäßig überholt?

Burger: Manuel ist im Laufe der Zeit Tormann geworden, er war aber nie in einer hohen Spielklasse, war dazu leider zu oft verletzt. Man könnte sagen, ich bin ihm ein bisschen voraus. Er ist aber einer meiner größten Fans und freut sich sehr für mich.

(c) APA

Wollen Sie Role Model für junge Fußballerinnen sein?

Burger: Ich will mich nicht so sehr in den Mittelpunkt stellen, aber natürlich ist man halt hin und wieder in den Medien als Nationalspielerin. Es ist gut, wenn junge Mädchen Vorbilder haben, und es ist schon eine Ehre, wenn man mitkriegt, dass man selbst zu einem Role Model geworden ist.

Im Fußball ist Teamplay unabdingbar. Was nehmen Sie sich daraus für Ihre Arbeit als Polizistin mit?

Burger: Klar, als Einzelperson kann man im Fußball nicht viel erreichen, daher steht Teamplay an oberster Stelle. Auch im Polizeiberuf ist das Zusammenspiel wichtig, gerade wenn’s hart auf hart kommt. Und Teamplay gehört stets gefördert. Das ist bei der Polizei schwieriger, weil man nicht immer mit denselben Personen unterwegs ist bzw. zusammen trainiert. Hier trainiere ich sieben Mal in der Woche mit denselben Mitspielerinnen, das ist schon sehr intensiv.

Was unterscheidet Frauenteams von Männerteams?

Burger: Das ist schwer zu vergleichen. Die Trainer sagen manchmal, dass Frauen alles genauer nehmen, dass sie sich mit Kritik – ob sie positiv ist oder negativ – noch mehr befassen als Männer. Aber jeder Mann und jede Frau ist unterschiedlich. Diese Vergleiche mag ich eigentlich nicht so gern.

Nerven Sie Klischees?

Burger: Nicht wirklich. Man hört immer wieder diese Phrasen von den angeblich zickigen Fußballspielerinnen und so weiter. Das wird nie ganz verschwinden. Sowas ignoriere ich einfach. Es wird auch immer Leute geben, die finden, dass Frauenfußball kein ordentlicher Fußball ist. Es bringt nichts, sich darüber zu ärgern.

Wenn man sich die erfolgreichsten Mannschaften in der ÖFB-Frauen-Fußballbundesliga anschaut, dann sind da einige Teams vertreten, die man beim Männerfußball nicht wirklich wahrnimmt – wie Ihren früheren Verein, den SV Neulengbach. Ist es eine Chance für kleinere Vereine, sich mit einem guten Frauenteam zu etablieren?

Burger: Es ist eine Chance für kleinere Vereine. Neulengbach hat sich das über die Jahre erarbeitet, wir sind dort Serien-Meister geworden. Wir hatten einen sehr, sehr engagierten Obmann, der das Frauenteam über Jahre hinweg gefördert hat. Da braucht man gute Leute rundherum, die richtigen Spielerinnen und das notwendige Glück. Bei Neulengbach hat das super zusammengepasst. Durch unsere Erfolge wurde der kleine Verein Neulengbach auch über die Grenzen hinaus bekannt.

In Deutschland haben die großen Traditionsvereine auch erfolgreiche Frauenmannschaften, Österreich hinkt da hinterher …

Burger: Neben Deutschland gibt es auch andere Länder, in denen bekannte Vereine auch erfolgreiche Frauenmannschaften haben. Leider ist Österreich da hinten nach, obwohl bereits seit Jahren darüber diskutiert wird. Mit Ausnahme des FK Austria Wien, der seit dieser Saison eine Kooperation mit einem Wiener Team eingegangen ist. Durch die Eingliederung von Frauenteams in große Vereine könnte der österreichische Frauenfußball meiner Meinung nach gefördert werden.