Sie sind gebürtiger Steirer, leben aber seit vielen Jahren in Deutschland und haben von dort aus Ihre Karriere gestartet. Welche Rolle spielen Ihre steirischen Wurzeln in Ihrer Küche?
Lafer: Eine ganz große. Ich habe das Glück, auf einem Bauernhof groß geworden zu sein. Wir waren Selbstversorger und haben unmittelbar mit den Jahreszeiten gelebt. Das heißt, wenn es im Frühjahr gefroren hat, gab es keine Zwetschken für meine geliebten Zwetschkenknödel. Im Herbst hat meine Mutter mit der Schubkarre das Kraut geholt und meine Schwestern und ich mussten mit bloßen Füßen in einem Holzbottich das Kraut treten, um es für den Winter einzumachen. Damals habe ich mir zwar auch gedacht, was soll dieser Schwachsinn, aber zugleich haben wir zu den Produkten, die wir gegessen haben, eine extrem enge Beziehung aufgebaut. Meine Kindheit hat mich großen Respekt und Ehrfurcht vor der Natur gelehrt.
Das heißt, Ihr Bezug zur Natur war immer schon sehr eng?
Lafer: Ohne Natur sind wir nichts, wir können ohne Natur nicht leben. Ich bin entsetzt, wenn ich lese, dass in China nicht mehr Bienen die Pflanzen bestäuben, sondern dies mit Drohnen und per Hand gemacht wird. Das ist Wahnsinn. Der beste Koch der Welt kann ohne gute Lebensmittel nichts machen und deshalb fasziniert mich die Natur so.
Als Star- und Fernsehkoch haben Sie wahrscheinlich einen sehr vollen Terminkalender. Wie viel Zeit bleibt Ihnen noch für das eigentliche Kochen, also Zeit hinterm Herd?
Lafer: Der Herd ist für mich nicht das Synonym für Kochen. Kochen fängt mit dem Produkt an, nicht erst beim Zubereiten. Dafür gibt’s heute viele Techniken und Unterstützungsmöglichkeiten. Kochen ist zuerst einmal die Auswahl des Produktes. Ich reise ja durch die ganze Welt und für mich ist nicht das Restaurant, sondern der Markt jener Ort, an dem ich eine Stadt erleben kann. Wenn ich sehe, was dort angeboten und gekauft wird, kann ich sofort einschätzen, wie die Gastronomie ist und was die Leute essen.
Kochshows boomen und das Angebot an Zeitschriften und Büchern zum Thema Kochen und Essen ist unüberschaubar. Trotzdem kochen immer weniger Menschen selbst und der Anteil an Fertiggerichten in unserem Speiseplan nimmt deutlich zu. Wie sehen Sie das?
Lafer: Das Wichtigste scheint heutzutage zu sein, dass alles möglichst schnell geht. Das wird immer mehr ausgereizt. Ich finde, so wie man sich die Zeit für Körperhygiene oder Sport nimmt, müsste man sie sich auch fürs Essen und Kochen nehmen. Ohne zu essen können wir nicht leben.
Sind Sie für ein Pflichtfach Kochen in der Schule?
Lafer: Ich habe ja selbst das Projekt »food@ucation« [Anm.: Projekt für nachhaltige und gesunde Schulverpflegung] ins Leben gerufen, auch, weil ich glaube, dass Kochen ein Pflichtfach werden muss. Wissen über Essen ist Erfolg, Wissen über Essen ist Lust. Sonntags nach der Kirche nach Hause zu kommen und schon an der Tür zu riechen, was es zu Mittag gibt, war für mich als Kind das Schönste. Hätte ich das nicht gehabt, wäre eine meiner größten emotionalen Quellen versiegt.
Für welches Gericht reisen Sie nach Österreich?
Lafer: Mein Lieblingsessen ist immer noch das Schnitzel meiner Mutter. Die macht zwar so gut wie alles falsch, was man falsch machen kann – sie brät es viel zu lange, es ist Schweinefleisch und vieles mehr –, aber: der Geschmack des Schnitzels, der Duft, wenn ich in die Küche komme, das Reinbeißen und meine Mutter, die daneben sitzt und fragt, »Schmeckt’s, Hansi?» – das ist ein echter Glücksmoment. Das sind Dinge, die nicht nur mit dem Essen zu tun haben, sondern mit meinen Wurzeln, meinen Emotionen.
Wie würden Sie Ihre Küchen-Philosophie in drei Worten beschreiben?
Lafer: Frisch, kreativ und nachvollziehbar.
Wie und wo können Sie abseits der Arbeit Kraft tanken?
Lafer: Kulinarische Entdeckungen sind für mich Erholung pur. Ich bin ein Food-Junkie, der immer auf der Suche nach dem Besonderen ist. Kürzlich war ich am Wiener Karmelitermarkt und habe dort bei einem älteren Ehepaar Kastanienhonig gekauft, den ich übrigens sehr liebe. Die beiden machen seit 60 Jahren Honig, hinter diesem Produkt steht ihre ganze Lebensgeschichte. Wenn ich aus diesem Honig etwas kreiere, ist das für mich besonders wertvoll. Der wichtigste Zeitpunkt des Tages ist für mich, gemütlich zusammenzusitzen und zu essen, auch im Urlaub. Was nützt mir die schönste Aussicht, das schönste Meer, wenn es dort nichts Gescheites zum Essen gibt? Essen ist ein Wohlfühlfaktor, den mein Körper braucht.
Suchen Sie Ihren Urlaubsort nach der lokalen Küche aus?
Lafer: Nicht unbedingt, aber bevor wir irgendwo hinfahren, schauen wir immer, welche guten Restaurants es vor Ort gibt. Obwohl es mein Beruf ist, sind gutes Essen und tolle Lokale meine Erholung, mein großes Interesse. Manchmal bin ich richtig traurig, dass ich schon so alt bin, weil ich mir in diesem Bereich noch so viel wünsche und vorstellen kann.
Welche internationale Küche möchten Sie kulinarisch noch entdecken?
Lafer: Im Moment faszinieren mich die libanesische und die koreanische Küche. Oft ist es aber gar nicht die ganze Küche, sondern es sind einzelne Produkte oder Techniken, mit denen man dann seine eigene Küche weiterentwickeln kann.
Welche Faktoren waren ausschlaggebend für Ihren Erfolg als Koch?
Lafer: Definitiv meine Herkunft, die Prägungen meiner Kindheit. In Österreich heiße ich ja Hansi und in Deutschland Johann. Mir hat mal jemand gesagt: »Du bist der Hansi geblieben, aber du kochst wie der Johann.» Das stimmt, ich habe mich als Koch zum Johann entwickelt, aber in der Wahrnehmung meines Geschmacks bin ich noch immer der Hansi aus der Steiermark.
Abschließend noch eine Frage: Was haben Sie immer im Kühlschrank?
Lafer: Joghurt, Schinken – z. B. aus dem Vulkanland – sowie Salat und Obst. Ich mache mir oft einen ganz einfachen Salat mit gutem Balsamico-Essig und gutem Kürbiskernöl. Und dazu mag ich gerne richtig gutes Brot.
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