»Erst die Forschung macht eine Fachhochschule zur Hochschule«, sagt Walter Mayrhofer. Als Head of Research koordiniert er alle Forschungsaktivitäten der FHWien der WKW. »Eigentlich gehört das zum Selbstverständnis einer Hochschule«, fährt er fort, und das »eigentlich« in seiner Aussage verrät schon, dass dieses Selbstverständnis doch nicht so selbstverständlich ist. Denn in der öffentlichen Wahrnehmung ist Forschung nicht unbedingt etwas, das man mit Fachhochschulen assoziiert.
Dieses Empfinden ist kein Zufall: In den ersten zwei Jahrzehnten nach Schaffung der Fachhochschulen 1994 stand Forschung für die meisten FHs nicht im Fokus. »Wenn ich vor 15 Jahren auf die Forschungsseiten von FHs geschaut habe, waren dort hauptsächlich Diplomarbeiten abgebildet«, erinnert sich Mayrhofer. »Auch Diplomarbeiten können gute Forschungsbeiträge sein – aber wenn man ansieht, wie FHs heute forschen, hat sich schon sehr viel entwickelt.«
Im unbezahlten Auftrag der Republik
Ein Grund für diese verspätete Entwicklung: Zwar ist die Forschung für Fachhochschulen ein gesetzlicher Auftrag, allerdings bekommen sie dafür – anders als Universitäten – keine Basisfinanzierung. Sprich: Das Geld für alle Forschungsaktivitäten müssen sie selbst aufstellen, etwa in Form von Projektförderungen und Kooperationen mit Unternehmen. Das gelingt immer besser, schildert Walter Mayrhofer: »Daten der FFG (Forschungsförderungsgesellschaft, Anm.) bestätigen, dass immer mehr EU-finanzierte Projekte mit FHs abgewickelt werden. Und auch in der Wirtschaft sind Forschung, Entwicklung und Innovation zunehmend gefragt. 30, 40 Jahre das gleiche Produkt verkaufen, wie früher, kann man heute kaum mehr.«
Forschungsprojekte
Wandelbare KMU
Schon seit mehr als 10 Jahren befassen sich Forschende der FHWien der WKW mit der Frage, wie kleine und mittlere Unternehmen innovativ bleiben und sich an Veränderungen anpassen können. So ging aus dem von der FFG geförderten COINForschungsprojekt »KMU in Veränderung« (2013–2017) unter anderem ein Selbsttest hervor, mit dem Unternehmen überprüfen können, wie veränderungsfähig sie sind. Aktuell läuft das von der Stadt Wien geförderte Projekt »Organisationale Ambidextrie in KMU« (2022–2025). Dabei geht es darum, wie KMU »beidhändig« agieren können, indem sie neuartige Kompetenzen und Innovationen entwickeln und gleichzeitig die bestehenden Fähigkeiten und Ressourcen optimal nutzen.
Digital lehren und kommunizieren
Ein Forschungsprojekt, das genau zur rechten Zeit kam – nämlich kurz vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie –, war das »Stadt Wien Kompetenzteam für Digitalisierung der Kommunikationsprofessionen«. Das dreiköpfige Team widmete sich ab April 2019 drei Jahre lang den aktuellen und zukünftigen Anforderungen durch die digitale Transformation in der Hochschullehre sowie den Kommunikationsberufen. Es lieferte einerseits Best-Practice- Beispiele und Empfehlungen für den optimalen Einsatz diverser digitaler Tools in der reinen Distance-Lehre und untersuchte andererseits, wie Studierende und Lehrende der FHWien der WKW die Umstellung auf diese digitale Lehre aufnahmen.
Direkter Draht zur Wirtschaft
Dabei punkten FHs mit ihrem engen Bezug zur Unternehmenspraxis. »Wir haben den Anspruch, praxisnah zu sein – das ist auch in der Forschung so«, sagt Mayrhofer. »Gerade die Überführung von Forschung in konkrete wirtschaftliche Anwendungen funktioniert in Österreich nicht perfekt. Hier sehe ich ein lohnendes Betätigungsfeld für Fachhochschulen.«
Als Beispiel für eine gelungene Kooperation nennt Mayrhofer eine Projektserie aus dem Institute for Digital Transformation and Strategy (IDS) der FHWien der WKW, dem
er vorsteht: »Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut und zwei Start-ups entwickeln wir ein smartes Mehrweg-Boxensystem für die Logistik. Dafür haben wir unter anderem Berechnungen angestellt, wie schnell sich die Umstellung auf dieses System rechnet. Das hilft den Partnern bei der Investorensuche.« Auf die Aussage eines wissenschaftlichen Instituts zu verweisen, habe einfach mehr Gewicht, als zu sagen: Das haben wir selbst ausgerechnet.
Damit die Lehre nicht stehen bleibt
Von den Ergebnissen der Forschung profitieren freilich nicht nur die Kooperationspartner. »Pro Jahr nimmt die FHWien der WKW an mehr als 90 wissenschaftlichen Konferenzen teil«, berichtet Walter Mayrhofer. Als Head of Research sorgt er auch dafür, dass sich die FH-MitarbeiterInnen mit Forschungsprojekten befassen und Beiträge in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlichen. Die Motivation dazu sei aber ohnehin hoch: »Es attraktiviert auch das Tätigkeitsbild, dass man nicht nur HochschullehrerIn ist, sondern wissenschaftlich mitarbeitet – es ist ein Freiraum, sich weiterzuentwickeln.« Forschungserfolge stärken das Selbstbewusstsein der MitarbeiterInnen und wirken sich positiv auf das Arbeitsklima und natürlich auf den Ruf der FHWien der WKW aus: »Da verweise ich gerne auf einen alten Spruch: Wer aufhört, besser zu werden, hört auf, gut zu sein.«
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