Herr Izdebski, die Insolvenz Ihres IT-Unternehmens DiTech hat vor zwei Jahren wochenlang die heimischen Medien beherrscht. Wie ist es Ihnen zu dieser Zeit gegangen?
Izdebski: Ich hatte den Eindruck, dass sich in Österreich nach der Insolvenz die gesamte Wahrnehmung nur um das Negative gedreht hat. Die 15 Jahre Unternehmertum zuvor haben nichts mehr gezählt. Jeder hat alles sowieso immer schon besser gewusst. Das hat den Umgang mit der ganzen Geschichte nicht leichter gemacht.
Welche Erfahrungen haben Sie dabei am meisten geprägt?
Izdebski: Die fachliche Lektion über das eigene Business, die man im Zuge einer Insolvenz erlebt, ist enorm und müsste eigentlich eine Pflichtveranstaltung für jeden Unternehmer sein. Ich traue mir zu sagen, dass ich in den Monaten vor und nach der Insolvenz mehr gelernt habe als in all den Jahren zuvor.
Wie waren die Reaktionen Ihres Umfelds?
Izdebski: Das war sicher die intensivste und schmerzvollste Erfahrung. Denn nirgends lernt man, wie man damit umgeht, wenn Freunde oder Geschäftspartner am Telefon nicht mehr abheben, wenn sie deinen Namen am Display sehen. Schlimm sind auch Online-Foren – du wirst hier durch die anonymen User zum Freiwild. Menschen, die noch nie im Leben eine unternehmerische Entscheidung getroffen haben, analysieren plötzlich dein Businessmodell der letzten 15 Jahre.
Wie ist es dann weitergegangen?
Izdebski: Im Juni 2014 war für mich psychisch der Tiefpunkt – der Zweifel an mir selbst, kein Plan für die Zukunft, kein Einkommen, Schulden ohne Ende. Mein bester Freund hat dann gesagt: »Damian, ich geb’ dir ein paar tausend Euro. Fahr’ in die USA und bleib dort, solange das Geld reicht. Irgendwann gibst du es mir dann zurück.«
Sie waren dann zehn Wochen in den USA. Was haben Sie dort erlebt?
Izdebski: Ich hatte zum Beispiel einen Termin mit einem Geschäftspartner. Nach 20 Minuten bat er seine Assistentin, die nächsten zwei Termine abzusagen. Er sagte: »Wir brauchen länger. Ich möchte von dir lernen.« Unser Gespräch drehte sich danach um die 15 Jahre Unternehmertum, nicht um die Insolvenz. Er hat mich wie einen Experten behandelt. Aus diesem ersten Gespräch haben sich dann 120 Termine ergeben, mit Unternehmern, Start-up-Gründern, sogar ein Vortrag auf der Stanford Universität und einige Job-Angebote.
Was ist in Ihren Augen der größte Unterschied zwischen den USA und Europa im Umgang mit Scheitern?
Izdebski: Auch die Amerikaner kochen nur mit Wasser – der Topf ist vielleicht etwas größer, aber die Temperatur ist die gleiche. Der Unterschied ist aber, dass man versucht, aus dem Scheitern zu lernen und auch das Positive daran zu sehen. Eine der Fragen, die mir immer gestellt wurde, war die nach meinem neuen Unternehmen. Für die war klar, dass ich wieder mit einem eigenen Unternehmen starten werde. Für mich war das zu diesem Zeitpunkt alles andere als selbstverständlich.
Das heißt also, mehr Wertschätzung und konstruktive Kritik, auch wenn man scheitert?
Izdebski: Genau. Natürlich bin ich in keinerlei Form stolz auf das, was passiert ist. Viele Menschen haben viel Geld verloren und letztendlich war ich nicht in der Lage, das zu verhindern. Das tut mir auch sehr leid. Aber jetzt liegen zu bleiben und nur negativ zu denken, bringt niemandem etwas.
Sie haben dann vor rund eineinhalb Jahren das Unternehmen techbold gegründet. Was hat Sie dazu bewogen, es noch einmal zu versuchen?
Izdebksi: Ich habe mich gefragt, was meine Optionen sind. Als Angestellter bin ich unvermittelbar. Das, was ich am besten kann, ist Unternehmensprozesse und Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich Mitarbeiter wohlfühlen und in denen sie motiviert sind, etwas zu leisten. Deshalb habe ich mich dafür entschieden, wieder ein Unternehmen aufzubauen.
Was muss denn der ideale Chef mitbringen?
Izdebksi: Das Wichtigste ist, andere Menschen begeistern und inspirieren zu können. Ein Unternehmer muss ein Anliegen haben, das ihn antreibt. Und das kann nie das Geld allein sein. Es braucht eine Idee, an die man glaubt, und den Willen, etwas zu verändern. Daraus kann sich eine enorme Motivationskraft entwickeln, die auch Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunden spüren und mitzieht.
Was vermissen Sie am Unternehmensstandort Österreich?
Izdebksi: Unternehmertum wird in Österreich nicht wertgeschätzt und es gibt kaum Verständnis dafür, dass Unternehmer immer Risiken eingehen. Jede Entscheidung, die man trifft – und als Unternehmer trifft man jeden Tag hunderte –, birgt das Risiko, dass es die falsche war. Es gibt keine Garantie dafür, dass alles immer gut geht.
Sehen Sie hier ein Umdenken?
Izdebksi: Ja, ich bin sehr tief in der Start-up-Community verwurzelt und es ist faszinierend, was sich da für ein Spirit entwickeln kann. Unter diesen Menschen spürst du keinen Neid, keinen Pessimismus. Egal, wem was gelingt – seien es die ersten wirtschaftlichen Erfolge oder ein neuer Investor –, man freut sich füreinander. So soll es eigentlich sein.
Was ist positiv am Standort Österreich?
Izdebski: Wir können von Wien aus in wenigen Flugstunden ganz Europa erreichen. Wir leben quasi mittendrin und noch dazu in einem Land mit einem der höchsten Lebensstandards weltweit – das sind eigentlich perfekte Bedingungen für einen geschäftlichen Neustart. Und es tut sich im Moment auch sehr viel, wenn man an Crowd-Finanzierungen, Business Angels oder öffentliche Unterstützung denkt. Aber wir haben noch einen langen Weg vor uns.
Man liest über das Silicon Valley immer nur die Erfolgs-Storys, aber nicht von den Zigtausenden, die dort tagtäglich ihr Glück versuchen und es nicht schaffen.
Izdebski: Richtig. Dort gilt: Wenn die ersten fünf Ideen nicht funktioniert haben, dann wird vielleicht die sechste etwas. Bevor Paypal entstanden ist, hat einer der Gründer auch fünf Unternehmen versenkt.
Haben Sie unternehmerische Vorbilder?
Izdebski: Ja, Richard Branson (Anm.: Unternehmer, u.a. Virgin Atlantic Airways) oder Elon Musk (Anm.: Unternehmer, u.a. Paypal und Tesla Motors). Ganz allgemein gesprochen Leute, die an etwas glauben und das mit enormer Konsequenz, Leidenschaft und Kraft umsetzen. Und dabei viel Risiko eingehen.
Wenn jemand jung ist und ein Start-up gründen will: Welche Voraussetzungen braucht es?
Izdebski: Eine Vision zu haben, an die man glaubt, und Spaß an der Sache. Kontakte sind natürlich auch wichtig. Auch ein Mentor, mit dem man sich austauschen und von dessen Erfahrung man profitieren kann, ist eine Bereicherung. So jemanden hatte ich bei DiTech leider nicht. Ob jemand hingegen Berufserfahrung hat oder nicht, ist egal – einfach machen!
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