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STUDIO! Ausgabe 3/2024

Alumni Story: Edgar Ginzler

Radreisen boomen, doch für Veranstalter sind sie ganz schön tricky. Wie man flexibel und vorausschauend plant, weiß Edgar Ginzler, den ein FH-Studium in die Branche führte.

Text: Klaus Putzer

Rund drei neue Kooperationsangebote internationaler Radreiseveranstalter flattern Edgar Ginzler, Geschäftsführer von Rad + Reisen, wöchentlich auf den Tisch, aus Spanien oder Lettland ebenso wie aus Costa Rica oder Indonesien. Als einer der zehn größten Radreiseanbieter Europas – und drittgrößter Österreichs – ist Rad + Reisen als Kooperationspartner begehrt. Ob es eine neue Tour allerdings ins Angebot des Wiener Traditionsunternehmens schafft, hängt von ein paar wenigen Knock-out-Kriterien ab: Lässt sich der Startpunkt innerhalb einer Tagesreise von Europa aus erreichen? Ist der Anbieter seriös und bekannt? Und, besonders wichtig: Stimmt die Mischung aus Natur und Kultur?

Landschaft und Natur genießen

»Naturlandschaft allein reicht nicht aus«, erklärt Ginzler dieses Kriterium. »Unsere Hauptzielgruppe sind GenussradlerInnen der Generation 55 plus, rund die Hälfte aus Übersee. Die Natur mag da noch so schön sein – für eine attraktive Radreise braucht es daneben auch auf jeder Etappe kulturelle Highlights.« So wie entlang von Donau, Rhein und Mosel, wo sich Fluss- und Auenlandschaften mit Weinanbaugebieten, Klöstern und mittelalterlichen Altstädten abwechseln. Die Kombination Rad plus Schiff ist entsprechend auch die wichtigste Angebotsschiene von Rad + Reisen. Auf der Donau hat der Veranstalter dafür halbjährig zwei Kreuzfahrtschiffe gechartert. Sie dienen als »schwimmende Hotels«, die RadlerInnen fahren ihnen auf der vom Veranstalter geplanten Route hinterher. »Auf unserer eigenen Rad + Reisen-App finden die Gäste außer der GPS-Strecke auch noch Points of Interest, gastronomische Angebote oder Wetterinfos«, erklärt Edgar Ginzler.

© Rad + Reisen

Das Gepäck gondelt derweilen auf dem Schiff mit oder wird an Land von Unterkunft zu Unterkunft transportiert. »Wir garantieren den Gepäcktransport, egal wie viele Personen eine bestimmte Strecke gebucht haben«, sagt Edgar Ginzler. Für KundInnen ein wichtiges Versprechen, aus wirtschaftlicher Sicht jedoch knifflig: »Es gibt Wochen mit nur fünf Gästen, die Woche darauf sind es hundert. Da brauchen wir eine Mischkalkulation. So wie beim Personalbedarf: Wie viele GepäckfahrerInnen benötige ich in der Saison maximal, wie viele mindestens?« Damit die Rechnung stimme, müsse man sich langfristig ein Beziehungsnetz aufbauen, auch zur Hotellerie, damit im Voraus eingekaufte Nächtigungskontingente bei Bedarf storniert werden können.

© Rad + Reisen

Sprungbrett FHWien der WKW

Dass Edgar Ginzler heute bereits seit 16 Jahren bei Rad + Reisen tätig ist (knapp drei davon als Geschäftsleiter), hat viel mit seinem Tourismusmanagement-Studium von 2002 bis 2006 an der FHWien der WKW zu tun. Nach Abschluss der Tourismusschule Krems sowie einigen Jahren in der Gastronomie rund um den Globus und in einem Reisebüro startete er mit Ende 20 das FH-Studium. »Dabei haben wir auch den Vortrag einer Headhunterin gehört, die Tipps für die Jobsuche gegeben hat. Wer wollte, konnte ihr seinen Lebenslauf mitgeben«, erzählt Ginzler. Zwei Jahre später meldete sich die Personalvermittlerin aus heiterem Himmel. Ihr Angebot: die Position als stellvertretender Geschäftsleiter bei Rad + Reisen.

»Seither kann ich die Tage an zwei Händen abzählen, an denen ich mir dachte: Heut’ taugt mir meine Arbeit nicht so«, sagt Edgar Ginzler. Er schätze gerade die Herausforderungen seines Berufsalltags. Situationen, in denen er sich fragt: Wie löse ich das? »Dann geht mir durch den Kopf, was wir an der FH besprochen haben. Themen wie Budgetierung, rechtliche Fragen oder Statistiken. Ich würde jeder und jedem zum FH-Studium raten und es auch selbst wieder machen. Mittlerweile haben wir auch mehrere AbsolventInnen bei uns im Unternehmen.«

Reisen während der Arbeitszeit

Alle MitarbeiterInnen werden übrigens zu mindestens einer Radreise pro Jahr »verpflichtet«, natürlich innerhalb der Arbeitszeit. So sollen sie von innen heraus erleben, wie sich alles anfühlt: von der Gepäckabgabe über die Radausgabe bis hin zu diversen Schwierigkeiten unterwegs: Hitze, Regen, Hindernisse auf der Strecke. All das aus eigener Anschauung zu kennen hilft, KundInnen am Telefon optimal zu beraten.

Gefragt nach zukünftigen Zielen des Unternehmens, sagt Edgar Ginzler: »Nach dem harten Einschnitt während Corona wollen wir nicht mehr zwanghaft exponentiell wachsen. Wir haben eine Lehre aus den Pandemiejahren gezogen, die in der Tourismusbranche allgemein für mein Gefühl noch zu wenig verbreitet ist: Gesundes Wachstum – das ist, was wir wollen.«

Rad + Reisen in Zahlen

  • Unternehmensgründung 1989
  • Über 20 Beschäftigte, je zur Hälfte in der Kundenbetreuung und im Backoffice
  • 250 Radreisen im Programm, hauptsächlich in Europa, aber auch weltweit
  • 80 kombinierte Rad-/Schiffstouren
  • 2 Donau-Kreuzfahrtschiffe im Vollcharter
  • 1.000 eigene Leihräder – viele Reisende nehmen das eigene Rad
  • Ca. 20 % E-Bike FahrerInnen
  • 90% Individualgäste, 10% Gruppenreise