Acht Minuten sind für Gerhard Fenkart-Fröschl ein zentraler Wert. Länger darf digitaler Content nicht dauern, damit Studierende ihn anklicken. Für den Entwickler von E-Learning-Tools bedeutet das, dass er den Lerninhalt in möglichst kleinen Häppchen aufbereitet: »Kürze sticht Unterhaltungswert. Wenn man die Gen Z im Hörsaal beobachtet, merkt man, dass die Studierenden problemlos von einem Medium zum nächsten springen, sich aber schwertun, länger bei einer Sache zu bleiben«, erklärt er.
Das verändert die Art des Lernens grundlegend: Lange Texte und Frontalvorträge haben genauso ausgedient wie dicke Wälzer. »Lehrende können alle möglichen Bücher zur Pflichtlektüre erklären – 80 Prozent der Studierenden werden sie nicht lesen, sondern sich stattdessen Folien oder Videos suchen«, bringt Fenkart-Fröschl die Situation auf den Punkt.
Er spricht aus Erfahrung. Als externer Lektor an der FHWien der WKW feilt er seit sechs Jahren daran, das E-Learning-Angebot zu optimieren, und hat dazu unzählige Tools entwickelt – und auch wieder verworfen. »Wir haben Verschiedenes ausprobiert und an Unis und Fachhochschulen getestet. Eine wichtige Erkenntnis war: Das, was an Meetingtischen vielversprechend klingt, erweist sich in der Praxis oft als Flop«, resümiert Fenkart-Fröschl.
Digitales Charisma
Auf dem Markt beobachtet er zwei Kategorien von E-Learning-Tools. Da sind einmal diejenigen, die E-Learning-ExpertInnen entwickelt haben: »Die sind visuell und akustisch besonders ansprechend aufbereitet, haben aber fachlich eher geringe Tiefe.« Die zweite Kategorie besteht aus Tools, die von Fachleuten erstellt wurden – »hinsichtlich der fachinhaltlichen Tiefe tadellos, aber didaktisch schlecht«.
Doch wie sieht ein effizientes E-Learning-Tool aus? Neben der schon angesprochenen Kürze braucht es laut Fenkart-Fröschl fachliche Exzellenz, Abwechslung, Unterhaltung und
Interaktion – Letztere sorge für den »Wachrütteleffekt«. Was viele EntwicklerInnen unterschätzten, sei die Rolle der ProtagonistInnen in Videos: Kommunikationstalent und Charisma seien wesentlich, um Studierende bei der Stange zu halten, sagt der Experte.
Individuelles Tempo, individueller Stil
Dabei eignet sich E-Learning im Prinzip bestens, um theoretische Inhalte zu vermitteln. Im Vergleich zu klassischen Frontalvorträgen oder Fachbüchern bringen gut gestaltete digitale Lernwerkzeuge klare Vorteile.
Einer dieser Vorteile liegt in der quasi grenzenlosen Flexibilität: Studierende bestimmen ihr Lerntempo selbst. Verschiedene multimediale Formate – Video, Audio, interaktive Elemente oder Text – sprechen zudem verschiedene Lerntypen gezielt an. Dadurch erreicht man nicht nur die Studierenden, die im Lehrsaal aktiv mitarbeiten, sondern auch jene, die auf andere Weise besser lernen. Auch Ressourcen werden effizienter eingesetzt: Lehrende können die Zeit und Mittel, die bisher in die Vermittlung von Theoriewissen geflossen sind, für direktes Feedback und andere interaktive Lernmethoden nutzen.
Als Tüpfelchen auf dem i lassen sich schließlich Lerninhalte mithilfe künstlicher Intelligenz personalisieren und auf die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Lernenden zuschneiden. Fenkart-Fröschl geht davon aus, dass personalisiertes E-Learning in zehn Jahren Standard sein wird. Derzeit würden jedoch allerorts noch die Budgets, aber auch die ExpertInnen fehlen, um technisch Mögliches umzusetzen.
Den konkreten Nutzen vor Augen
Besonders gut geeignet ist E-Learning für sogenannte Brückenkurse, die das Wissen der Studierenden vor Studienbeginn auf einen einheitlichen Stand bringen sollen. Ein solches E-Learning-Tool entwickelt Ilona Pezenka an der FHWien der WKW für Master-Studierende. Sie sollen sich damit im Selbststudium die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens aneignen. »Wir investieren viel Zeit in die Konzeption, um den Studierenden das Lernen wirklich zu erleichtern und so einen echten Mehrwert zu schaffen«, erklärt die Leiterin des Stadt Wien Kompetenzteams »Master Propaedeutics« – Brückenkurse wissenschaftliches Arbeiten.
Bei der Entwicklung setzt sie neben einer automatisierten Evaluation auch auf die hohe Motivation und das kontinuierliche persönliche Feedback der Teilnehmenden: »Erklärungen zum wissenschaftlichen Arbeiten können ziemlich trocken klingen. Deshalb wollen wir mit Videos einsteigen, in denen AbsolventInnen schildern, wo und wann sie wissenschaftliches Arbeiten in ihrem Berufsleben brauchen. So führen wir den Studierenden den konkreten Nutzen vor Augen.«
Das innovative E-Learning-Tool ist so konzipiert, dass sich Phasen der Wissensvermittlung mit aktiven Lernphasen abwechseln. Während der Vermittlungsphasen steht den Studierenden eine Vielzahl an Unterrichtsmaterialien zur Verfügung, die von Texten bis hin zu Videos reichen. In den aktiven Phasen sollen sie das erworbene Wissen anwenden und vertiefen. Dabei wird auch künstliche Intelligenz eine Rolle spielen. »In den aktiven Lernphasen integrieren wir einen Skill-Developer, der den Studierenden die Möglichkeit bietet, ihren Lernbedarf besser einzuschätzen. Das geht in Richtung adaptives Lernen, bei dem sich der Lerninhalt dynamisch an den Wissensstand der NutzerInnen anpasst«, erklärt Pezenka.
Hochwertige FHWien-Chatbots
Zusätzlich wird ein KI-Chatbot eingeführt, der den Austausch mit den Studierenden anregt und sie unterstützt. Dieser Chatbot wird von der FHWien selbst entwickelt und mit eigenen Daten gefüttert. »Wir möchten qualitativ hochwertigen Inhalt gewährleisten und verwenden deshalb kein generelles Sprachmodell, sondern unsere eigene Wissensbasis«, sagt Pezenka. Weil sich die technologischen Möglichkeiten rasend schnell weiterentwickeln, soll das System der FHWien über viele Schnittstellen verfügen und ein unkompliziertes Austauschen von überholten Tools gegen neuere ermöglichen. »Es wäre ein Fehler, jetzt ausschließlich auf diese oder jene Technologie zu setzen, die dann in zwei Jahren veraltet ist«, so Pezenka.
Nicht nur an der FHWien der WKW halten Chatbots Einzug in die Lehre. Die Möglichkeiten, die sie beim Lernen bieten, sind enorm. Gernot Winter hat sich auf die Entwicklung von KI-Chatbots spezialisiert und zeigt den Studierenden, wie sie für Lehrveranstaltungen persönliche KI-Assistenten generieren können. Der Experte schwärmt von den Potenzialen dieser Technologie: »Der persönliche Nutzen für die Studierenden ist gewaltig.« Man füttert den Chatbot mit Daten und programmiert ihn nach seinen individuellen Wünschen, indem man beispielsweise bevorzugte Lernmethoden und Medien – ob Folien, Videos oder spielerische Elemente – auswählt. Die Möglichkeiten der Personalisierung sind nahezu grenzen los: Wer – um ein plakatives Beispiel zu wählen – Katzen liebt, kann den Chatbot anweisen, den Lerninhalt abzuprüfen und richtige Antworten mit Bildern kuscheliger Kätzchen zu belohnen. »So können sich Studierende wirklich motivieren«, kommentiert Winter.
Mehr Inklusion in der Bildung
Mit dieser Personalisierung können Chatbots auch dazu beitragen, Barrieren abzubauen und die Lehre inklusiver zu gestalten. Funktionen wie Text-to-Speech können Menschen mit eingeschränkter Sehkraft unterstützen. Zudem übersetzen Chatbots Unterrichtsmaterialien in Sekundenschnelle in jede beliebige Sprache.
Ein weiterer Vorteil von Chatbots gegenüber traditioneller Lehre ist ihre Flexibilität: Sie sind mobil einsetzbar und ermöglichen orts- und zeitunabhängiges Lernen.Chatbots können außerdem eine größere Anzahl von Studierenden erreichen, insbesondere jene, die in Präsenzveranstaltungen abschalten, weil sie dem Stoff nicht folgen können oder sich nicht trauen, Fragen zu stellen. »All diese Hemmschwellen fallen weg. Wenn ich mit einem Chatbot arbeite, kann ich drei Mal hintereinander völlig ungeniert dasselbe fragen und er wird es mir drei Mal auf Top-Niveau und immer freundlich erklären. Und wenn ich etwas nicht verstehe, kann ich den Chatbot auffordern, es mir anders zu erklären, und er wird es anders erklären«, sagt Gernot Winter. Denn die Fähigkeit der KI, Analogien und Metaphern zu finden, sei gewaltig und der menschlichen weit überlegen.
Winter ist überzeugt, dass Chatbots künftig in vielen Themenbereichen Vortragende ersetzen werden, »aus dem einfachen Grund, weil sie die Menschen eins zu eins trainieren, anders als Vortragende, bei denen das Verhältnis 1 zu 30, 1 zu 50 oder 1 zu 100 ist«. Dabei stehen wir noch ganz am Anfang. »In zwei Jahren wird es in der Lehre für viele Themen ein Angebot von KI-Chatbots geben, da sehe ich riesige Umbrüche«, sagt Winter.
Vom Lehrsaal zum Feedbacksaal
Der Lehrsaal wird deshalb jedoch keineswegs obsolet – »dort werden wir bloß andere Dinge lernen als bisher«, prognostiziert Winter. Während E-Learning effektive Möglichkeiten bietet, theoretisches Wissen zu vermitteln und individuelle Aufgaben zu lösen, bleibt der Lehrsaal unverzichtbar für den direkten Austausch und die Entwicklung sozialer Kompetenzen. »Social Skills und Gruppendynamik werden nach wie vor von Mensch zu Mensch unterrichtet«, betont Winter
Über die Personen
Der ehemalige Finanzanalyst und Wirtschaftsjournalist Gerhard Fenkart-Fröschl unterrichtet an der FHWien der WKW.
Ilona Pezenka leitet an der FHWien der WKW das Stadt Wien Kompetenzteam »Master Propaedeutics« und entwickelt derzeit ein E-Learning-Tool für Master-Studierende.
Gernot Winter, Gründer des KI-Start-ups Superintelligenz.eu und Lehrbeauftragter an der FHWien der WKW, hat sich auf die Entwicklung von KI-Chatbots spezialisiert.
Dominik E. Fröhlich ist preisgekrönter Forscher, Hochschullehrer und Kursentwickler. Für die Erstellung von asynchronem Lehrmaterial zu Statistiken über Nachhaltigkeit wurde er 2023 mit dem SDG Award der FHWien der WKW für die beste Lehrveranstaltung ausgezeichnet.
Innovative Lehre
Jedes Jahr zeichnet die FHWien der WKW kreative didaktische Ideen ihrer Lehrenden mit dem Preis für innovative Lehre aus. Diese Projekte setzten sich 2023 durch:
Deutschlernen mal anders
Im Deutschkurs für Austauschstudierende lässt Sabine Melnicki die TeilnehmerInnen fiktive Dialoge zwischen bedeutenden Frauenfiguren entwerfen. In diesem kreativen Modell werden Wortschatz und Kommunikationsstrukturen ganz beiläufig gelernt.
Individuelle Lernerfahrung
Stefan Nafra vereint in seiner Lehrveranstaltung »Application Design & Development« die Grundzüge der Softwareentwicklung mit den Prinzipien agiler Projektmethoden. Dabei setzt er auf individuelle Lernpfade, flexible, personalisierte Lernerfahrung und lebendige Feedbackkultur.
Peer-Learning inklusive Fach-Feedback
Über eine asynchrone Podcasting-Plattform bringt Dominik E. Fröhlich den Studierenden das Thema Statistik näher. Die Teilnehmenden können Fragen zu Diagrammen, die sie auf einer Online-Plattform sehen, asynchron, also zu einem von ihnen gewählten Zeitpunkt, mit Audioeingabe beantworten. Anschließend werden Fragen und Antworten zusammengeschnitten und, von ExpertInnen kommentiert, diesmal samt Bildern der Aufgaben in ein Video verpackt.
Kurs auf KI
Smart, vielsprachig, verbindend: Wie künstliche Intelligenz die Zusammenarbeit in Zukunft erleichtern kann.
Text: Maya McKechneay
Sitzen ein Maturant aus dem Salzkammergut, eine niederländische Finanzberaterin und ein spanischer Logistiker gemeinsam in einem Management-Kurs … das ist nicht der Beginn eines Witzes, sondern der Rahmen einer futuristisch anmutenden Szene, die wir uns im Folgenden genauer ausmalen wollen: Die Kursgruppe folgte der Präsentation der Lehrenden, teils daheim am eigenen Laptop, teils im Schulungsraum der Hochschule. Ein Tool für Videokonferenzen überträgt alles live, je nach Wunsch in der Synchronübersetzung auf Deutsch, Englisch, Türkisch oder Serbokroatisch, und blendet zudem einen KI-Gebärdendolmetscher für zwei gehörlose Teilnehmende ein. Die Abschlussdiskussion ist vielsprachig: Fragen können die Studierenden in der eigenen Sprache stellen. Die Antwort der Lehrperson wird ihnen direkt übersetzt. Wie das geht? Ein sogenannter AI-Companion erstellt eine Live-Übersetzung. Und nicht nur das: Der AI-Companion begleitet die Lehreinheit auch als Chatbot, dem man zwischendurch Verständnisfragen stellen kann, ohne den Ablauf des Kurses zu stören.
Nutzen für Lehrende und Lernende
War das eben Gelesene also ein Zukunftsszenario? »Nein«, sagt David Röthler, Experte für KI in der Erwachsenenbildung. »Technisch ist das mittlerweile absolut möglich. Die KursteilnehmerInnen können sich auch abschließend eine Zusammenfassung oder die wichtigsten Fragen und Antworten aus dem Kurs schreiben lassen. Aber auch für die Lehrperson tun sich ganz neue Möglichkeiten auf. Sie kann etwa die KI auf Basis des Transkripts am Ende der Lehreinheit fragen: ›Welcher Aspekt hat aus deiner Sicht gefehlt?‹ Oder: ›Wie kann ich den Kurs beim nächsten Mal besser strukturieren?‹.«
3 Tipps für eine kritische und reflektierte KI-Anwendung
1. Transparenz
Fragen Sie – wenn irgend möglich – nach der Quelle der Daten, die eine KI verwendet.
2. Data Bias
Behalten Sie stets im Hinterkopf, wer die KI entwickelt hat und auf Basis welcher Daten sie trainiert wurde.
3. Achtung, Algorithmus
Entwickeln Sie ein Verständnis für die Grundprinzipien, auf denen die KI-Entscheidungen basieren.
Arbeitserleichterung für alle Berufsgruppen
David Röthler untersucht seit der Jahrtausendwende das Potenzial digitaler Werkzeuge in der Erwachsenenbildung. Er kennt und versteht die Bedürfnisse der Lehrenden und Lernenden aus unzähligen Kursen und Workshops – und freut sich, wenn er Lösungswege aufzeigen kann. Denn da hält KI mittlerweile für fast alle Berufsfelder etwas bereit: »Nehmen wir einen beliebigen Beruf und die Frage: Wo kann KI unterstützen? Sie kann bei der Buchhaltung helfen, Social-Media-Posts generieren oder ein Beratungsgespräch mit KundInnen simulieren.« Sinnvoll sei es darum, wenn FH-Studierende schon während ihrer Ausbildung mit KI Erfahrungen sammeln.
Welche konkreten Tools die Einzelnen dann in ihrem Arbeitsalltag verwenden, sei Geschmackssache: »Man sollte aber das Prinzip der KI verstanden haben und auch lernen, den Umgang mit ihr kritisch zu hinterfragen«, empfiehlt Röthler. Die konkreten Tools wechseln aktuell sehr schnell bzw. entwickeln sich weiter. »Wir können aber damit rechnen, dass in wenigen Jahren smarte Werkzeuge in Verwendung sind, von denen wir heute noch gar nichts ahnen.« Für Röthler ist klar: »Weil der Wandel auf dem Gebiet der KI mit solchem Tempo vorangeht, ist ständige berufliche Weiterbildung wichtig wie nie zuvor.«
9 von 10
Bildungsfachleuten stimmen zu, dass »der Einsatz von Large Language Models wie ChatGPT für Lehrende in Zukunft selbstverständlich sein wird«.
44 %
denken, dass durch den Einsatz von Large Language Models auch wichtige Kompetenzen verloren gehen werden (Deskilling).
Nur 17 %
glauben, dass Lehrende in der beruflichen Bildung in Zukunft eine überwiegend technisch-administrative Rolle übernehmen werden,
82 %
sind überzeugt, dass Lehrende weiterhin AnsprechpartnerInnen für Lerninhalte und Motivation bleiben.
Hightech für hybrides Lernen
Technik hilft, räumliche Barrieren zu überwinden. Die FHWien der WKW nutzt Roboter, digitale Flipcharts und andere
topmoderne Tools gezielt für die Lehre.
Text: Stephanie Dirnbacher-Krug
Es war eine Premiere an der FHWien der WKW: Im Sommersemester 2024 nahm die Bachelorstudentin Iris Linner vom schweizerischen Chur aus quasi physisch an einem Workshop über wissenschaftliches Arbeiten am Campus in Wien teil. Über einen Roboter folgte Linner den Anweisungen der Lektorin, nahm an der Gruppenarbeit teil und navigierte im Lehrsaal herum. Die interaktive Lehrveranstaltung ist eine der wenigen an der FHWien der WKW, die eine Präsenz vor Ort erfordern.
»Ich war die Einzige in meinem Jahrgang, die ins Ausland gegangen ist. Ohne den Roboter hätte ich das Fach nachholen müssen«, räumt Linner ein. Ihr Fazit: »Der Roboter hat sehr geholfen, um bei der Gruppenarbeit integriert zu sein. Ich konnte mich frei im Raum bewegen, direkt an die Gruppen heranfahren und mit einzelnen Personen sprechen. Die Installation war problemlos, die Navigation intuitiv.« Einziger Wermutstropfen: die Internetverbindung, die nicht reibungslos funktionierte.
Von verschiedenen Orten aus zusammenarbeiten
Den Roboter erwarb die FHWien im Rahmen ihres Projekts zum Aufbau einer hybriden Lernumgebung, das von der MA 23 der Stadt Wien gefördert wird. Dasselbe Modell wird in Frankreich schon seit Jahren im Rahmen des TED-i-Programms für inklusive Bildung verwendet. SchülerInnen, die krank sind oder der Schule aus anderen Gründen fernbleiben müssen, können so am Unterricht teilnehmen. »Der Gedanke dahinter ist, Integration und Inklusion im Unterricht voranzutreiben«, erklärt FHWien-Projektleiterin und Lektorin Tilia Stingl. Während hybrider Unterricht über Microsoft Teams oder andere Plattformen »heutzutage überhaupt kein Problem« mehr darstellt, sieht Stingl die Herausforderung in hybrider Gruppenarbeit. Wie ermöglicht man Menschen, die aus beruflichen, gesundheitlichen oder anderen Gründen physisch nicht präsent sein können, an interaktiven Workshops vor Ort teilzunehmen? »Hybride Gruppenarbeit kann schnell an veränderte Umstände angepasst werden, beispielsweise bei gesundheitlichen Krisen oder anderen unvorhersehbaren Ereignissen. Dies sorgt für Kontinuität im Lernprozess und reduziert Unterbrechungen«, so Stingl.
Hybrid fördert Kreativität
Tilia Stingl ist nicht nur davon überzeugt, dass es heutzutage hybride Gruppenarbeit braucht, sondern auch davon, dass sie didaktische Vorteile bringt: »Indem TeilnehmerInnen an unterschiedlichen Orten zeitgleich eingebunden sind, kann hybride Gruppenarbeit viele Perspektiven und Erfahrungen in den Lernprozess einbringen. Die Methode wirkt wie eine Raumerweiterung. Studierende on-site können erleben, was ein Mitglied ihrer Gruppe gerade an einem anderen Ort erfährt. Das fördert kreative Problemlösungen und ein tieferes Verständnis der behandelten Themen. Darüber hinaus unterstützt hybride Gruppenarbeit die Entwicklung digitaler Kompetenzen, die in der modernen Arbeitswelt unverzichtbar sind.«
Der Distance-Learning-Roboter soll aber nicht nur für Studierende zum Einsatz kommen. Eigentlich ist er als Erleichterung für die Lehrenden gedacht: LektorInnen aus dem Ausland können damit in Zukunft interaktive Workshops gestalten, ohne dafür in ein Flugzeug, Auto oder den Zug steigen zu müssen.
Digitale Eulen und interaktive Flipcharts
Der Roboter ist nur eine von mehreren technologischen Innovationen, die die FHWien für praxisnahes Arbeiten in hybriden Settings rüsten sollen. Zehn digitale Flipcharts ermöglichen es, sowohl vor Ort als auch online gemeinsam und in Echtzeit Dokumente zu bearbeiten, zusammenzuführen und zu speichern. Sogenannte Eulen verschaffen Online-TeilnehmerInnen nicht nur einen 360-Grad-Blick über den Lehrsaal, sondern auch einen optischen und akustischen Fokus: »Die Kameras und Lautsprecher richten sich dorthin aus, wo gerade gesprochen wird«, schildert Stingl. Dabei ist die Akustik die größte Herausforderung. »Hier müssen wir schauen, wie viele Gruppen in welchen räumlichen Abständen zusammenarbeiten können«, sagt Stingl.
Die jüngste Anschaffung ist ein dynamischer Projektor, der etwa bei Planspielen oder Teambuildingmaßnahmen für Augmented Reality verwendet werden soll. »Wir haben
jetzt alles Notwendige angeschafft und erarbeiten konkrete Use-Cases, wie die Geräte in die Lehrveranstaltungen integriert werden können. Diese Anwendungen werden anschließend getestet, um den Mehrwert für die Lehre zu evaluieren. Die hybride Lehre ist noch ein Novum, und eine integrierte Lösung aus einer Hand ist oft nicht so leicht zugänglich«, sagt Stingl. »Derzeit beziehen wir Geräte und Software aus unterschiedlichen Quellen und stellen sie selbst zusammen – dazu braucht es eine Menge Fachwissen.«
Das Lernstudio der FHWien der WKW
Mit dem Lernstudio will die FHWien eine optimale Infrastruktur für hybride Zusammenarbeit schaffen. Diese wird im Projektverlauf in die Lehre integriert und steht den Studierenden und Lehrenden als Experimentier- und Lernraum für praxisnahes Teamarbeiten in hybriden Settings zur Verfügung. Das Projekt wird von der Stadt Wien – MA 23 gefördert.
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