Jens Lang ist Absolvent des ersten Jahrgangs des Instituts für Journalismus & Medienmanagement und obwohl er nicht, wie ursprünglich geplant, in einem gedruckten Medium über Politik, sondern im Fernsehen über Wissenschaft berichtet, nennt er das Email in seinem Posteingang, das den Start des Studiengangs bewarb, einen Glücksfall.
„Ohne das Studium wäre ich heute sicherlich nicht da, wo ich bin.“
Wann hast du an der FHWien der WKW Journalismus & Medienmanagement studiert?
Im mittlerweile legendären allerersten Jahrgang von 2003 bis 2007. Eine interessante, aber oft auch leidvolle Erfahrung. Einerseits lebten wir den Traum wohl vieler Studierender – wir konnten mitgestalten, wir konnten mitreden, sogar nach dem ersten Semester eine Lektorin „hinausvoten“, deren Veranstaltung uns schlicht überhaupt nicht interessiert hatte. Es war ja alles noch ganz neu, und niemand wusste genau, wie so ein Studiengang „Journalismus und Medienmanagement“ aussehen musste. Die Kehrseite dieser Offenheit war, dass jeder Unterrichts-Tag von neuem eine Überraschung bereithielt, was alle Beteiligten oft viel Nerven kostete. Ich finde, die LektorInnen haben gemeinsam mit uns am Ende das Beste daraus gemacht – und nachfolgenden Studierenden auch ein bisschen den holperigen Weg geebnet.
Warum hast du dich damals für das Studium beworben?
Wie viele andere hatte ich Journalismus bis dahin eher learning-by-doing gelernt, um nicht zu sagen: vor mich hingewurschdelt. Einige Praktika, einige freie Mitarbeiten, aber das war jedenfalls ziellos und schon gar nicht fundiert. Als ich dann 2003 nach Österreich kam, wollte ich meinem Berufswunsch endlich eine Grundlage geben – und just in diesen ersten Wochen in Wien flatterte ein Email in meinen Posteingang, das einen neu gegründeten Studiengang bewarb. Dieses Email wurde zum Glücksfall für mich: Ohne das Studium wäre ich heute sicherlich nicht da, wo ich bin.
Welche Praktika hast du im Rahmen des Studiums gemacht?
Der Standard (Chronik)
Die Presse (Online)
AP, Associated Press (Korrespondentenbüro Wien)
ORF (Report / Offen Gesagt)
Was machst du jetzt und wie bist du dorthin gekommen?
Ich arbeite als Redakteur bei der „Zeit im Bild“ im Ressort „Wissenschaft/Bildung“. Eigentlich wollte ich nach dem Studium ja viel lieber für ein Print-Magazin arbeiten. Dann bekam ich aber noch während des letzten Semesters das Angebot, im Gründungsteam von ORF-„Wie Bitte?“ dabei zu sein. Ich nahm das Angebot an, und dann ging es sehr schnell: Unsere Diplomarbeit mussten wir an einem Freitag pünktlich um 12 Uhr abgeben – und um 13 Uhr begann mein erster Dienst beim ORF. Nach einem halben Jahr bin ich dann zu „Thema“ gewechselt, wieder ein halbes Jahr später dann zur ZIB-Wissenschaft. Dort bekam ich meine erste befristete Anstellung; nach einer Zwischenstation beim Wirtschaftsmagazin ECO bin ich nun seit fast zwei Jahren wieder in der ZIB-Wissenschaft, und mittlerweile auch unbefristet angestellt.
Was ist dir von der FH in Erinnerung geblieben?
Am meisten eigentlich die Diskussionen über die „reine Lehre“, die wir in den ersten Semestern noch geführt hatten. Die meisten von uns hatten sich ja mit Medienethik vorher kaum auseinandergesetzt; nun hatten wir endlich Zeit, wirklich jeden noch so absurden Aspekt zu diskutieren. Interessanterweise dürfte viel hängen geblieben sein; ich finde bis heute, dass meine Studien-Kollegen von damals heute einen ausgezeichneten Job machen, und das schreibe ich völlig unbescheiden.
Welche Lehrinhalte von der FH kannst du in deinem jetzigen Job gut gebrauchen?
Medienethik und Medienrecht (letzteres ganz besonders!). Bei ECO waren aber auch die BWL- und VWL-Grundkenntnisse sehr nützlich.
Hat sich dein Berufswunsch, den du als Erstsemestriger hattest, erfüllt?
Eigentlich nicht. Ich wollte ja für ein Print-Magazin arbeiten. Fernsehen wollte ich nie machen. Spannend, dass ich gerade hier gelandet bin. Ich hoffe, dass unsere ZuseherInnen auch zufrieden damit sind.
Wie erlebst du die österreichische Medienlandschaft und wie wird sie in 20 Jahren aussehen?
In den vergangenen rund zehn Jahren hat sie sich enorm verändert. Erst heute habe ich mit einem jungen Journalismus-Bachelor-Studierenden gesprochen – und war überrascht, als er mir sagte, dass er vielleicht gar nicht als Journalist arbeiten möchte. Für uns war damals schließlich völlig klar, dass wir entweder als JournalistInnen arbeiten würden oder eben als MedienmanagerInnen. Da sind die heutigen Studierenden schon viel pragmatischer (oder einfach nur desillusioniert?). Der große Umbruch hat wohl in diesem Herbst 2012 begonnen, mit der Entlassung von dutzenden RedakteurInnen bei der „Presse“, Einsparungen beim „Kurier“, dem Ende der „Financial Times Deutschland“ und der „Frankfurter Rundschau“. Ich glaube, JournalistInnen, die nur Agenturmeldungen umschreiben, was früher ja häufiger vorkam, wird es in einigen Jahren nicht mehr geben. Dafür wird es Hilfskräfte geben, die kaum etwas kosten. Die JournalistInnen der Zukunft werden Persönlichkeiten sein, die stellvertretend für die LeserInnen, HörerInnen und SeherInnen etwas recherchieren und präsentieren. JournalistInnen werden für etwas stehen, werden immer mehr als AnwältInnen der ZuseherInnen Informationen von Mächtigen einfordern und über ihre Erkenntnisse berichten. Der Trend zu dieser Personalisierung lässt sich schon heute beobachten: etwa in der relativ starken Präsenz einzelner JournalistInnen auf Twitter oder Facebook. Dafür braucht es natürlich starke Persönlichkeiten, die für etwas brennen und kämpfen. Vermutlich wird auch die Grenze zwischen Bericht und Kommentar dadurch noch weiter verwischen, und die scharfen Grenzen zwischen den Mediengattungen gibt es in ein paar Jahren sowieso nicht mehr.
Worauf können JournalistInnen in Zukunft getrost verzichten?
Auf Verhaberung mit den Mächtigen. Die Freundschaften mit PolitikerInnen und Wirtschaftsbossen hat schon in den vergangenen hundert Jahren keinen einzigen Artikel oder Bericht hervorgebracht. Dafür aber viele verhindert. Wieso sollte man damit also weitermachen? JournalistInnen sollen einzig und allein die LeserInnen, HörerInnen und SeherInnen vertreten (die sie ja letztlich auch bezahlen), und sonst nichts und niemanden.
Wo bzw. wie siehst du deine persönliche Zukunft im Journalismus?
Wenn ich zurückblicke, stelle ich fest, dass ich nie dort gelandet bin, wo ich hinwollte. Ich wollte Print-Journalist werden, und keinesfalls TV-Journalist – und arbeite heute beim Fernsehen. Ich wollte Politik-Journalist werden – und arbeite heute bei der Wissenschaft. Ich wollte für ein Magazin arbeiten und bin stattdessen im Aktuellen Dienst gelandet. Ich glaube, ich halte mich in den kommenden Jahren mit Prognosen lieber ein bisschen zurück.