Saskia Hödl hat 2012 das Bachelor-Studium Journalismus & Medienmanagement abgeschlossen. Neben Stationen bei Wiener Zeitung und der deutschen Ausgabe der Le Monde diplomatique, arbeitet sie seit 2013 bei der taz in Berlin: Anfangs noch als Volontärin, ist sie seit 2015 Redaktionsmitglied und vorwiegend im Schwerpunkt- und Seite1-Ressort tätig. 2016 etablierte sie als Projektleiterin ein neues gemeinsames Redaktionssystem für Print, App und Website. Seit Anfang 2019 ist sie Ressortleiterin von tazzwei für Gesellschafts- und Medienthemen.
Warum hast du dich damals für das Studium beworben?
Die Journalismusausbildung an der FHWien der WKW ist in ihrer Praxisnähe und auch was die Auswahl der Lektor_innen angeht einzigartig in Österreich. Ich wollte Journalistin werden und da ich mir das Publizistikstudium ein wenig zu trocken war, dachte ich, vielleicht passt das besser – und so war es dann auch.
Welche Praktika hast du im Rahmen des Studiums gemacht?
Wenn ich mich recht erinnere, war mein erstes Praktikum in der Kulturredaktion der WOMAN in Wien. Im Jahr darauf habe ich mich dann nach Berlin orientiert und war zuerst 2011 bei der WELT in der Außenpolitik, dann 2012 bei der taz die tageszeitung bei taz zwei & Medien und gegen Ende des Studiums habe ich noch ein Praktikum beim ZEITmagazin gemacht.
Was machst du jetzt und wie bist du dorthin gekommen?
Ich leite mittlerweile bei der taz die tageszeitung in Berlin das Ressort, in dem ich 2012 ein Praktikum gemacht habe: taz zwei & Medien. Da gelandet bin ich durch viele Zufälle, würde ich sagen. Zum einen habe ich versucht mich außerhalb der üblichen Praktika in Österreich zu orientieren, zum anderen bin ich bei der taz auf Menschen gestoßen, die mich bestärkt haben, dass das der richtige Weg für mich ist. Ich war offenbar zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Sowas erkennt man dann ja aber immer erst im Nachhinein.
Nach meinem Abschluss an der FH konnte ich 2013 als panter Volontärin zur taz zurückkommen. Als ich 2015 damit fertig war, habe ich da weiter als Redakteurin, Kolumnistin und im Redaktionsmanagement gearbeitet. Eine Weile war ich auch als freie Autorin tätig z.B. als Berlin-Korrespondentin für die Wiener Zeitung. Ende 2018 habe ich mich schließlich, noch in der Elternzeit (Karenz), für die Ressortleitung von taz zwei beworben und die Chefredaktion hat sich tatsächlich für mich entschieden. Dafür, dass sowas hier für eine Frau und Mutter eines kleinen Kindes nicht nur theoretisch möglich ist, liebe ich die taz.
Was ist dir von der FH in Erinnerung geblieben?
Vor allem die vielen großartigen Menschen, die ich da kennengelernt habe. Ich habe auf der FH Freunde fürs Leben gefunden, das war ein großes Glück. Ansonsten sind mir viele Anekdoten geblieben, aber auch die Erinnerung an sehr anstrengende Wochen, lange Tage und wie es mich über diese drei Jahre zerrissen hat, neben dem Vollzeitstudium abends und am Wochenende noch als Kellnerin arbeiten zu müssen.
Welche Lehrinhalte von der FH kannst du in deinem jetzigen Job gut gebrauchen?
Brauchen kann ich tatsächlich vieles. Das war eine sehr intensive, aber auch wirklich gute Ausbildung, die wir damals als erster Bachelorjahrgang erhalten haben, dass merke ich immer noch. Was wirklich Gold wert ist: Die Vorlesung, die wir zur EU hatten, außerdem alle Vorlesungen aus dem juristischen Bereich und ich denke auch noch sehr oft an die Vorlesungen zu Medienforschung oder Medienethik. Und natürlich: Diese eine Vorlesung mit Armin Thurnher, in der wir, ich glaube, eine A4-Seite über einen leeren Raum schreiben mussten, das dann auf Overheadfolie (!) drucken und ihm zusehen konnten, wie er das dann vor allen redigiert. Das war großartig – also damals nicht, aber im Nachhinein. Mich hat danach kein Redigat mehr in Verlegenheit gebracht, ich war ihm dafür oft dankbar.
Hat sich dein Berufswunsch, den du als Erstsemestriger hattest, erfüllt?
Ich denke schon, ich wollte ja zu einer Zeitung. Wobei man ja als Erstsemestrige eine ganz andere Vorstellung davon hat, was man als Journalist_in eigentlich tut. Als Redakteurin oder Ressortleiterin schreibt man dann ja oft weniger, als man sich das so denkt – dafür kommen andere spannende Dinge dazu.
Wie erlebst du die (österreichische) Medienlandschaft und wie wird sie in 20 Jahren aussehen?
Es gibt in Österreich viele junge, talentierte Journalist_innen die mehr wollen als „nur“ einen sicheren Job bis zur Pension. Das stimmt mich hoffnungsvoll, dass die Vielfalt in der österreichischen Medienlandschaft wieder zunehmen wird.
Welche Fähigkeiten muss ein/e JournalistIn in Zukunft haben?
Flexibilität, Neugier, Geduld und die Fähigkeit, Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Leider ist ja die sogenannte untere Mittelschicht im Journalismus oft schlecht vertreten, Menschen mit Diskriminierungserfahrung kommen fast überall zu wenig vor. Das führt in vielen Themenbereichen zu einer eigentümlichen Sicht der Dinge. Die Summe der Journalist_innen sollten in Zukunft so vielfältig sein wie die Gesellschaft. Dafür müsste der Beruf aber auch für Menschen zugänglich sein, die nicht die Mittel haben prekär zu arbeiten.
Worauf können JournalistInnen in Zukunft getrost verzichten?
Die Unterscheidung zwischen Print und Online. Jungjournalist_innen, die Unhöflichkeit mit Hartnäckigkeit verwechseln. Und gut gemeinte Leitfäden wie „DIE 9 Wege in den Journalismus“.
Wo bzw. wie siehst du deine persönliche Zukunft im Journalismus?
Solange ich denke, als Journalistin gebraucht zu werden, werde ich Journalistin bleiben. Sollte ich irgendwann das Gefühl haben, ich kann keine neuen Impulse mehr geben, dann würde ich mir wahrscheinlich andere Aufgaben suchen. Eine konkrete Stelle oder Position habe ich nie angestrebt, das halte ich für ungesund. Im Moment bin ich sehr zufrieden, wo ich bin.