Sebastian Huber hat 2014 das Bachelor-Studium Journalismus & Medienmanagement abgeschlossen. Seit Oktober 2014 arbeitet er für die Satirezeitung „Die Tagespresse“ und schreibt Programme für einen österreichischen Kabarettisten.
Warum hast du dich damals für das Studium beworben?
Ich wollte lernen, wie man Geschichten erzählt.
Welche Praktika hast du im Rahmen des Studiums gemacht?
ORF, Falter und Profil
Was machst du jetzt und wie bist du dorthin gekommen?
Ich bin seit Oktober 2014 bei der Satirezeitung „Die Tagespresse“. Fritz Jergitsch, der Gründer, hat mich auf Twitter angeschrieben, ob ich mitmachen will. Wir sind dort mit Jürgen Marschal, sonst Autor von Stermann und Grissemann, drei Leute.
Außerdem bin ich als Autor bei der Agentur Hoanzl unter Vertrag und schreibe am nächsten Programm eines österreichischen Kabarettisten mit. Das hat sich aus meinem ORF-Praktikum ergeben. Nebenbei arbeite ich je nach verfügbarer Zeit an Drehbüchern fürs Fernsehen mit, etwa für ORF 1. Ab und zu mache ich auch Social-Media-Inhalte für 1000 Things To Do In Vienna, ein Start-Up-Unternehmen, das mein FH-Jahrgangskollege Jan Pöltner gegründet hat.
Was ist dir von der FH in Erinnerung geblieben?
Interessante Menschen, spannende Diskussionen, cooles Aquarium mit Fischen.
Welche Lehrinhalte von der FH kannst du in deinem jetzigen Job gut gebrauchen?
Was mir bei der Tagespresse jetzt sehr hilft, ist, dass wir uns an der FH viel mit Satirezeitungen wie Österreich, Krone und Heute beschäftigt haben.
Ich habe in den Lehrveranstaltungen auch sehr viel über das Handwerk des Schreibens gelernt. Am meisten von Armin Thurnher, Michael Nikbakhsh, Stefan Grissemann, Florian Klenk und Renate Graber. Das hilft mir bei satirischen Inhalten und beim Drehbuchschreiben. Ich wurde als Kind von meinen Lehrern gefeiert, weil ich in Deutschschularbeiten immer gestelzte Wörter und Redewendungen eingebaut habe. Einen halbwegs fettfreien, variierbaren Stil habe ich erst langsam auf der FH erlernt. Ohne diese Ausbildung wäre ich in der Berufspraxis circa so zerlegt worden wie Armin Assinger mit einem Auszug aus seinem Buch „Bergab und doch bergauf“ beim Bachmannpreis.
Hat sich dein Berufswunsch, den du als Erstsemestrige hattest, erfüllt?
Nein. Ich wollte zu Spiegel oder Zeit. Kurz wollte ich auch mal rappen lernen, aber das ist eine ganz andere Geschichte. Während meiner freien Mitarbeit bei Falter und Profil habe ich dann langsam gemerkt, dass mir Satire und Entertainment mehr Spaß machen als Journalismus. Diese Erkenntnis hat geschmerzt. Ich habe sie lange verdrängt, weil ich bereits so viel Energie und Herzblut investiert hatte, um ein guter Journalist zu werden. In dieser Zeit hatte ich starke Zweifel, ob ich vielleicht am falschen Weg bin und mich selbst belüge.
Wie erlebst du die (österreichische) Medienlandschaft und wie wird sie in 20 Jahren aussehen?
Ich weiß nicht, wie die Medienlandschaft in 20 Jahren aussehen wird. Ich misstraue jedenfalls allen, die glauben, das ganz genau zu wissen und statt im Silicon Valley auf Journalismuskonferenzen in Wien herumtanzen. Ich glaube, wir können uns noch gar nicht vorstellen, wie sehr das Internet unser Leben und die Branche langfristig noch durcheinanderwirbeln wird.
Welche Fähigkeiten muss ein/e JournalistIn in Zukunft haben?
Ich bin Anhänger von guten Basics. Sauber recherchieren, Quellen schützen, spannende Geschichten erzählen, Lösungen für alle Hürden, auch technologiebedingte, in journalistischen Arbeitsprozess suchen.
Wichtig ist auch, von Grund auf zu überdenken, was Öffentlichkeit bedeutet. Die User sind jetzt auf Augenhöhe mit den JournalistInnen, sie produzieren selbst Inhalte – sei es auf Reddit, Youtube oder Twitter. Diese Selbstermächtigung wird auch nach dem tausendsten Leitartikel über die staatstragende Funktion von klassischen JournalistInnen bleiben.
Medienmacher der Zukunft könnten sich auch anschauen, warum Apps wie etwa Snapchat so beliebt sind, deren Faszination selbst für mich mit erst 25 Jahren nicht mehr ganz nachvollziehbar ist.
Worauf können JournalistInnen in Zukunft getrost verzichten?
Moralisches Überlegenheitsgefühl, Desinteresse an technologischen Neuerungen, aggressives Clickbaiting.
Wo bzw. wie siehst du deine persönliche Zukunft im Journalismus?
In der satirischen Verarbeitung von News auf allen medialen Kanälen. Und überall dort, wo sonst Platz für Unterhaltung ist. Das Fernsehen reizt mich besonders. US-Studien zeigen, dass satirische TV-Newsformate wie etwa The Daily Show vor allem für junge Zuseher zwischen 18 und 34 Jahren wichtiger sind als klassische Nachrichtensendungen. Jon Stewart, der Host dieser Show, ist 2009 in einer Umfrage des Nachrichtenmagazins Time sogar zum „vertrauenswürdigsten Nachrichtensprecher“ gewählt worden. Last Week Tonight mit John Oliver auf HBO finde ich sogar noch besser. Oliver hat das weltweit beste Edward-Snowden-Interview abgeliefert. Das ist richtig guter Journalismus, der durch die extrem guten Comedyautoren der Show so lustig verpackt wird, dass er regelmäßig auf Youtube viral geht und die Realpolitik beeinflusst. Ich wünsche mir ein Last Week Tonight für den österreichischen Markt. Dort würde ich gerne arbeiten. Sonst gehe ich irgendwann ins Ausland. Vielleicht kommt aber alles anders, und man kann bald in einem Online-Medium eine von mir liebevoll umgeschriebene APA-Meldung lesen.