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Verschwimmende Grenzen und Fragen der Ethik in der PR

17. Juni 2021

Corporate Publishing und die wachsende Kommerzialisierung des Journalismus fordern die Kommunikationsbranche heraus. Eine klare Trennung und die Einhaltung ethischer Verhaltenskodizes sollen die NutzerInnen vor Manipulation schützen. Überwacht wird dies vom PR-Ethik-Rat, der Senior Researcher Uta Rußmann als neues Ratsmitglied berufen hat.

Uta Rußmann ist FH-Professorin und Senior Researcher am Department of Communication der FHWien der WKW. Die Kommunikationswissenschaftlerin forscht und lehrt zu strategischer und digitaler Kommunikation mit Fokus auf Medien und Wahlen. Sie ist vor allem für ihre kritische Auseinandersetzung mit politischer Kommunikation auf Social Media bekannt. Vor Kurzem wurde Rußmann in den PR-Ethik-Rat berufen. Damit wacht sie über die Einhaltung der freiwillig auferlegten Verhaltenskodizes der PR-Branche. Wir haben dies zum Anlass genommen, das Thema „Ethik in der PR“ aufzugreifen und näher zu beleuchten.

Kommerzialisierung lässt Grenzen verschwimmen

„Corporate Publishing“ nimmt seit Jahren deutlich zu. Waren für KonsumentInnen früher interessensgesteuerte Inhalte von journalistischen Beiträgen noch deutlicher unterscheidbar, verschwimmen heute in Zeiten von Social Media, Influencern und Content Marketing die Grenzen zwischen Journalismus und PR. Darüber hinaus unterliegt der Journalismus gerade einer wachsenden Kommerzialisierung auf Kosten der Unabhängigkeit. Zwei der Hauptgründe sind klar die sinkende Zahlungsbereitschaft der LeserInnen sowie die abnehmende Medienkompetenz der UserInnen. Dies macht die Finanzierung von Qualitätsmedien schwierig, welche dadurch immer öfter auf Werbekunden zurückgreifen müssen, wobei „Gefälligkeitsjournalismus“ nicht immer nur eine Ausnahme darstellt. Eine deutliche Trennung zwischen Journalismus und PR insbesondere durch eine Kennzeichnungspflicht bei kommerziellen Inhalten zum Schutz der NutzerInnen ist daher unverzichtbar.

Interessensgesteuerte Beeinflussung: per se nicht unethisch

Die interessensgesteuerte Beeinflussung der Öffentlichkeit ist jedoch ein wesentliches Merkmal der Public Relations. Grundsätzlich ist dies per se kein Verstoß gegen Grundsätze der Ethik. Der Knackpunkt ist hier wie oft das „Wie“. Grundpfeiler ethischen Verhaltens in der PR verkörpern vor allem die Verpflichtung gegenüber dem Publikum, sich Regeln der Fairness unterzuordnen, was u. a. die Kennzeichnungspflicht (Absender, Logo, Namen und Werbung) sowie die Trennung von Journalismus und Content-Redaktion und die Einhaltung des Urheberrechts betrifft, aber auch Themen der Moral wie etwa die Verantwortung für die Inhalte zu übernehmen, Wahrheitstreue, Respekt und Transparenz. So werden beispielsweise folgende Praktiken für gewöhnlich als Fehlverhalten eingestuft:

  • Aufmerksamkeitserregung und Manipulation der Öffentlichkeit durch Falschmeldungen („Fake News“)
  • Erzwungene Berichterstattung oder deren Unterbindung durch Ausnutzung der Marktmacht
  • Fehlende Transparenz und mangelnde Kennzeichnung von Werbeinhalten („verdeckte PR“ oder „Schleichwerbung“)

Sind die ersten beiden Punkte klar als unethisch identifizierbar, wird es in Punkt drei schwieriger. Zu diesem Zweck hat der österreichische PR-Ethik-Rat als unabhängiges Organ Ethik-Kodizes erarbeitet, denen sich PR-PraktikerInnen freiwillig unterwerfen können, wie:

  • Influencer-Leitfaden
  • Kommunikationsethik in Social Media
  • Content-Marketing-Kodex
  • PR-Online-Kodex

Die Hauptaufgaben des Ethik-Rats sind die Überwachung der Einhaltung der Kodizes, die Durchleuchtung strittiger Vorgänge und die Maßnahmensetzung gegen unseriöses Verhalten. Auf Antrag kann Fehlverhalten durch den Ethik-Rat (öffentlich) gerügt oder abgemahnt werden. Die Beschwerdefälle reichen von nicht gekennzeichneter Werbung über Verdacht auf Irreführung und Verunsicherung bis hin zu unpassenden Nacktbildern.

Wie sich der Berufsethos der PR in Zukunft gestalten wird, bleibt jedoch spannend. Social Media macht die Zungen locker und eine gewisse „Laissez-faire“-Mentalität – auch bei freiwilliger Selbstkontrolle – macht sich in der Branche bemerkbar, doch gleichzeitig wird unethisches Verhalten durch die NutzerInnen selbst unverzüglich öffentlich angeprangert. Authentizität und Fairness sind hier die Schlagwörter der Stunde, denn das Netz vergisst nie!

Vielen Dank an Uta Rußmann, Senior Researcher am Department of Communication der FHWien der WKW, für ihre wertvolle Unterstützung bei der Entstehung dieses Beitrags!

Literatur-Tipp: In diesem Buch erfahren Sie mehr über das Thema „Verschwimmende Grenzen zwischen Journalismus und Public Relations“:

Gonser, Nicole, Rußmann, Uta (Hrsg.): Verschwimmende Grenzen zwischen Journalismus, Public Relations, Werbung und Marketing. Aktuelle Befunde aus Theorie und Praxis. Springer 2017

>> Blick ins Buch

Praxis-Tipp: Wenn Sie im Influencer-Bereich tätig sind, hier der Link zum neuen, brandaktuellen InfluencerInnen-Check des PR-Ethik-Rats:

>> Zum InfluencerInnen-Check

Für Rückfragen:

FH-Prof.in Mag.a Dr.in Uta Rußmann
Senior Researcher
Publications

Tel.: +43 690 40 476-111
uta.russmann@fh-wien.ac.at