Anfang Juni präsentierte das Institute for Digital Transformation & Strategy (IDS) der FHWien der WKW die Studie „Fit für die Zukunft? Wie Unternehmen die digitale Transformation meistern können“. Diese wurde im Rahmen der Stiftungsprofessur Microeconomics of Competitiveness (MoC), die von der Wirtschaftskammer Wien (WKW) gefördert wurde, erarbeitet und im Rahmen des „Strategy Morning“ einem interessierten Fachpublikum vorgestellt. Die Veranstaltung war der erste Strategy Morning, der seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie wieder in Präsenz an der FHWien der WKW stattfinden konnte.
Ein Rückblick auf den Strategy Morning „Digitale Zukunftsfähigkeit“
Für die von Ann-Christine Schulz und von Sebastian Eschenbach präsentierte Studie wurden Interviews mit erfahrenen UnternehmerInnen geführt, um zu verstehen, wie die digitale Transformation ihr aktuelles Geschäftsmodell betrifft und mit welchen strategischen Herausforderungen sie sich auseinandersetzen müssen. Alle befragten KMU sind sich der Wichtigkeit der digitalen Transformation bewusst und sehen sich mit gravierenden Veränderungen in ihrem Wettbewerbsumfeld konfrontiert. Fast die Hälfte der Unternehmen gab an, dass ihr aktueller Umsatz in den kommenden fünf Jahren von digitalen Geschäftsmodellen bedroht wird. Gleichzeitig bedeuten die Veränderungen für die Unternehmen, dass sie sich mit neuen digitalen Technologien auseinandersetzen und digitale Kompetenzen im Unternehmen entwickeln müssen. Dabei sehen sie sich mit einem großen, sich stetig verändernden Angebot an neuen Technologien gegenüber.
Welche Optionen haben KMU für die digitale Transformation
Etablierte Unternehmen haben in der Regel zwei grundlegende Möglichkeiten um auf die neuen digitalen Herausforderungen strategisch zu reagieren. Diese sind laut dem Digital Business Model (DBM), das von Stefanie Woerner und Peter Weill am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt wurde:
- KundInnen digital besser kennenlernen
- sich einem Wertschöpfungs-Netzwerks zu öffnen
Sebastian Eschenbach, Koautor der Studie, erläuterte, dass die österreichischen KMU aktuell fest in linearen Wertschöpfungsketten verankert sind und enge Kundenkontakte pflegen. Sie verfügen über umfassende Kundeninformationen und können flexibel auf deren Bedürfnisse reagieren. Diese Daten sind jedoch in der Regel nicht digital verfügbar. Damit stecken viele KMU in einer strategischen Falle, in der bestehende Netzwerkstrukturen (z.B. Amazon Marketplace, Lieferdienste, Booking-Portale etc.) oder die Weiterentwicklung zur eigenen Netzwerkplattform noch selten eine Option sind.
Start-Up Innovationsgeist als Einstieg in die digitale Transformation
Wie die Entwicklung eines Geschäftsmodells auf Basis einer Netzwerkstruktur gelingen kann, zeigte Andreas Schober von More Technology GmbH in einer anschaulichen Präsentation seines Unternehmens. Das Start-Up entwickelte ein KI-basiertes Empfehlungssystem für die Freizeitindustrie. Durch die Covid-19-Pandemie und den damit verbundenen Nachfrageeinbruch stand das Unternehmen unter erheblichen Veränderungsdruck. In der Krise entwickelte es daher eine modulare Plug-in-Software, die inzwischen als individuell-gestaltbares Produkt u.a. auch an Großkunden vertrieben wird.
Mit KMU-Effizienz und Start-up-Innovation zur digitalen Transformation
Während Start-ups per se Innovationen im Fokus haben, liegt dieser bei etablierten KMU eher auf Effizienz. Um Innovationen erfolgreich in die Organisation zu integrieren, müssen KMU daher „beidhändig“ agieren. Ann-Christine Schulz erklärt in diesem Zusammenhang das Konzept der „organisationaler Ambidextrie“ – die Fähigkeit eines Unternehmens, einerseits neuartige Kompetenzen und Innovationen zu entwickeln und andererseits die bestehenden Kernprozesse gleichzeitig zu optimieren.
Damit bilden die aktuellen Studienergebnisse gleichzeitig einen Ausgangspunkt für die weitere Forschung am Institut für Digitale Transformation and Strategy (IDS) der FHWien der WKW. In einem im April gestarteten und von der Stadt Wien (MA23) geförderten Forschungsprojekt werden Ann-Christine Schulz und Jasmin Será in den nächsten drei Jahren erfolgsversprechende Umsetzungsmöglichkeiten von organisationaler Ambidextrie analysieren.
Weitere Infos zum Projekt „Organisationale Ambidextrie in KMU“ gibt’s hier.